Alte Bücher

 Seite 14


Die bayerische Ruhmeshalle und die Collosalstatue Bavaria

II. Abschnitt. Ferdinand Miller und der Guß und die Aufrichtung der Colossalstatue Bavaria

varia, des zu früh von Gott aus der Welt seiner genialen plaftischen Schöpfungen abgerufenen Schwanthalers stand. Vier Gießer schritten auf den Ecken des Wagens, und trugen die von der Estrade herabhängenden schweren Blumengewinde. Knaben mit Kränzen und Lorbeerreisern, darunter des Meisters Miller beide ältesten Söhnchen gingen ihm zur Seite und voraus. Hinter diesem Festwagen schritt fast die gesammte Künstlerschaft Münchens einher, mit dem tüchtigen Bildhauer Xaver Schwanthaler, dem Freunde und Vetter des Verstorbenen an der Spize. Alle Künstler hatten ihre Hüte mit Eichenlaub geziert. Nachihnen folgten mehrere starke Sängerchöre, Neuengland und die Bürger- Sängerzunft mit vielen wallendenFahnen. Nunmehr kam der obengeschilderte Wagen mit dem Haupteder Bavaria. "

Obwohl das Wetter sehr drohend aussah, hatten sich doch große Menschenmaffen zu dieſem Schauspiele eingefunden, von welchem ein Jeder zugestand, daß dasselbe ebenso einzig in seiner Art, als von ergreifendem Eindrucke sei. Die Straßen, durch welche sich der Festzug bewegte, waren zu beiden Seiten dicht mit Zuschauern besezt, welche Spaliere bildeten. Zahlreiche Maſſen wogten vor und hinter dem Zuge her, alle Fenster an den Straßen, welche der Zug berührte, waren dicht mit Köpfen gefüllt, meiſtens sehr liebliche, dem schönen Geschlecht angehörig. So ging es von der Erzgießerei aus durch die „ Nymphenburger" in die „Dachauer- ," von dieser in die schöne Karlsstraße, " dann durch die „ Ottostraße, " über den Karlsplag, " wo gerade die Sommermeſſe gehalten wurde, in die „Bayerstraße. “ Hier fing es nach vorhergehendem Tröpfeln an zu regnen. Langsam und feierlich bewegte sich der Zug voran bis zur Theresienhöhe, lenkte links hinauf, und kam nach ungefähr einer Stunde bei der Ruhmeshalle an, nachdem der ungroßmüthige Himmel lange zuvor schon das grämliche Wetter in einen Gußregen , der bereits neun Zehntel der schaulustigen Volksmenge zurückgescheucht, hatte ausarten lassen. Fünf bis sechstausend blieben aber getreu, und umftanden Regenschirm an Regenschirm, einem Schilddach ähnlich, die Ruhmeshalle, welche zwar zum größten Theil vollendet , aber wegen eines Brettermantels von außen nicht zu erkennen ist. "

Nachdem der Zug einige Zeit Halt gemacht hatt, ließen die Sänger die herrlichen Klänge des Walhallaliedes erschallen, dann trat Meister Miller vor, und brachte dem König Ludwig mit folgenden Worten: ,,Dem erhabenen Erbauer dieses Coloſſes, dem König Ludwig Dank und Gruß ein Lebehoch, in welches mit dreifachen donnernden Akkorden die ganze versammelte Menge einstimmte. Nach Miller trat der Makr Teichlein vor, und brachte den Manen des großen Schwanthalers, und dem Meister dieses gigantischen Erzgußes ein ,,Hoch," was nicht minder enthuſiaſtiſch von der Menge nachgejubelt wurde.

 Seite 14