Alte Bücher

 Seite 16


Die bayerische Ruhmeshalle und die Collosalstatue Bavaria

II. Abschnitt. Ferdinand Miller und der Guß und die Aufrichtung der Colossalstatue Bavaria

gefahrvollen Arbeiten kein einziger Unglücksfall zugetragen hat. Das ganze Werk und die dabei betheiligt geweſenen Arbeiter sind sichtbar unter dem Schuße der Vorsehung gestanden. Denn so gefahrvoll alle Handthierungen bei einem solchen Riesenwerke, sei es beim Formen oder beim Guß, beim Aufziehen, oder wo immer ihrer Natur nach sein müſſen, ſo ging doch Alles glücklich vorüber, und es ist dabei kein Glied verlegt, geschweige denn ein Menschenleben gefährdet worden.

Meister Miller, welcher Gott bei dieser Arbeit unzählige Male um seinen heiligen Schuß anflehte, weiß nicht genug Rührendes von seiner Dankbarkeit gegen den Allerhöchsten zu sagen, deffen huldreiche Hand ihn so gnädig beschüßte, und ihm so oft Rettung und Hilfe in verhängnißvollen Augenblicken sandte. Daß ein Mann von so tiefer Empfindung, so voll lebendigen Glaubens an eine höhere Macht, wie Miller ein direktes Eingreifen derselben in die Schicksale der Menschen, und bei seinem Werke insbesondere an eine Obhut von oben fest glaubte, das wird ihm Niemand verargen, um so weniger, wenn man aus seinem Munde alle diese zahlreichen Umstände erfährt, wo noch gerade zur rechten Zeit eine rettende Wendung, die man im gewöhnlichen Leben ein Glück, oder einen glücklichen Zufall nennt, bei sehr mißlichen Vorkommnissen eintrat.

Zwei Beispiele dieser Art laſen wir in den oben mitgetheilten Auszügen in seinem Tagebuche. Wir fügen hier noch einen dritten Moment bei, der in der That ebenfalls sehr geeignet ist, uns Millers fromme Gläubigkeit an die schüßende. Hand Gottes erklärlich zu machen. Als nämlich der erzerne Stylobat, oder die Plinte, welche auf dem granitnen Poftament ruht, dem ganzen Coloß zum Fuße dient, und einen Theil für sich bildet, aufgezogen wurde, und nur noch ungefähr 2 Zoll hoch über dem Postament stand, rißen die starken, von Miller so oft erprobten, und deshalb neuen vorgezogenen Taue. Da aber der Stylobat nur noch zwei Zoll Fallraum hatte, so ging es ohne alles Unglück ab, und er sezte sich ganz richtig auf die ihm vorgeschriebene Lage fest. Hier erkannte ich deutlich Gottes gnädige Warnung, " sagte Miller,,,denn die Stricke, welche bestimmt waren die folgenden ungeheuersten Lasten zu tragen, riffen und zeigten sich untauglich in einem Moment, wo es ohne Gefahr ablief. Welch schreckliches Unglück hätte sich zutragen können, wenn fie bei einer oder der andern der nachmals aufgezogenen ungeheuern Erzmaffen gerissen wären !" Auch hier fallen uns wieder die Worte aus dem Liede von der Glocke ein: "

,,Doch der Segen kommt von oben."

Diese und alle übrigen auf die Gießerei bezüglichen frommen Worte in dem Liede von der Glocke, lasen wir in goldenen Buchstaben an den Wänden in Millers Wohnzimmer.

 Seite 16