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München in guter alter Zeit

Drittes Kapitel - Im Graggenauer-Viertel.

Eine durchgreifende Veränderung erfuhr der Hofgarten doch Maximilian III. im vorletzten Jahre seines Lebens (1776). Der ließ nämlich die alten französischen Anlagen ganz beseitigen, an deren Stelle Linden setzen und nur die äußeren Alleen aus wilden Kastanien fortbestehen. in der Mitte der vier Abteilhungen wurden ebenso viele Grotten mit Fontänen erbaut, die obere Böschung ward der lieben Jugend als Spielplatz überlassen und der Weiherdamm beiderseits so durchschnitten, daß eine förmliche Insel mit einem Wasserfall und hübschen Waldbäume daraus entstand, zu der man auf einem Nachen gelangen konnte. Auch die Thiergruppen wurden beseitigt und an die Stelle der kostbaren Umgebung des Teiches simple Geländer gesetzt. Nur die Lorbeerbäume in ihren Kübel blieben.

Nochmals wurde auch der Teich beseitigt und an der Escarpe eine Fahrbahn noch den Englischen Garten angelegt. Noch zu Anfang unseres Jahrhunderts sah man am östlichen Ende der Arkaden hinter dem schönen Marmorportale die Ruine eines prächtigen Saales, an dem mit Marmotkaminen ausgestattete Seitenzimmer stießen, und an der Decke des Saales dreizehn Fresken mythologischen Inhalts von Bocksberger. Von da führte vordem eine Treppe an den Teich hinab; im Jahre 1802 und verschwand Alles, um der Kaserne Platz zu machen.

Nächst der nordwestlichen Ecke erbaute Karl Theodor im Jahre 1779 eine Bildergalerie, der die bedeutendsten Kunstschätze aus der Residenz, Nymphenburg und Schleißheim ec. einverleibt wurden, bis sie 1836 in die Pinakothek  kamen. heute befindet sich im Erdgeschoss dieses Baustaus Gypsmuseum.

An der Stelle des südlichen Flügels  des Bazars , wo vor dem das Turnierhaus gestanden, erhob sich seit 1660 eine umfangreiche Reitschule, die, als sie noch drei Galerien übereinander hatte, über 9000 Zuschauer fassen konnte.

Durch Differenzen zwischen Hof und Bürgerschaft, namentlich wegen Gestaltung seiner Concurrenz im Gewerbebetriebe, von des Kurfürsten Beichtvater, den Jesuitenpater Ignatz Frank, seinen Schwiegersohn, dem Grafen Leiningen, den Grafen Vieregg und im Geheimen Rath Kaspar Lippert künstlich genährt, fand sich Karl Theodor, der seinen guten Willen verkannt sah, veranlaßt, nach Mannheim zu gehen und kehrte erst nach neun Monaten auf vieles bitten wieder nach München zurück. Zum Zeichen seiner Versöhnung gab der Kurfürst den Münchnern in der eben erwähnten, festlich geschmückten Reitschule einen prächtigen Ball. Leider benahm sich ein Theil der Gäste unsäglich roh und die Umgebung des Kurfürsten nütze diese Thatsache gegen das Volk aus; der Bruch ward vollständig. Ein anderer Ball fand dasselbst unter Karl Theodor bei Vermählung der Prinzessin Josepha von Bayern mit Kaiser Joseph II. statt.

Wo man von der Residenztreppe in den Hofgarten herab kommt, begann, wie noch heute, ein sehr langer, damals jedoch gewölbter Gang, dessen Fußboden mit Marmor belegt war. An den Wänden waren vierzehn Bänke aus rotem Marmor angebracht, dazwischen die bekannten Herkulesstatuen noch Peter Candids Entwürfen. dann folgte in der Ecke, wo heute das Café Heck, eine doppelte Grotte mit den schönsten Muschelarbeiten und zwei springenden Wassern.

Von ich hier aus kam man links in das kurfürstlicheCaféhaus, welches jener Zeit als sehr besucht genannt wird. Fünf große Bilder im geräumigsten Zimmer zeigen im Moment der Segensgebung durch den Papst, neben ihn der Kurfürst von Trier und Bischof von Freising, der Kurfürst Karl Theodor und der Graf Seinsheim, am 26. April 1782; ein am 17.Juni 1784 stattgefundenes Festmahl des Bischofs von Osnabrück, dann den König von Neapel, in Karl Theodor's Gegenwart den Zelter als Tribut an den Papst übergebend, ferner die Abnahme einer Revue über die Garde durch den König von Schweden am 20.Oktober 1785, und schließlich den zärtlichen Abschied des Papstes von Karl Theodor bei der großen Marmortreppe im Schlosse zu Nymphenburg.

Ueber den Hofgarten schreibt Lorenz Hübner im Jahre 1803: „Der Hofgarten ist noch immer der Sammelplatz der städtischen Eleganz. Hier wird Sonn- und Festtagen jeder neue Putz zur Schau getragen; hier ist der offenen Markt der Reize; hier wird geschmachtet, geseufzet, getändelt und geliebäugelt; hier schwellen sich die Annalen der schlauen Cypripors, und Winke,

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