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München in guter alter Zeit

Drittes Kapitel - Im Graggenauer-Viertel.

Wie oft mag der Kaiser, wenn ihm seine selten unterbrochenen Kriegszüge und die Geschäfte des Reichsregiments ein paar Tage ruhigen Aufenthalts in seinen geliebten München gestatteten, durch jene unregelmäßig vertheilten Fenster in den Hof  hinabgeschaut haben, wie oft auch durch den Torbogen in die Burggasse und zu seinen Bürgern hinaus geschritten sein, deren Treue der über ihn ausgesprochene Bannfluch des Papstes nicht zu erschüttern vermochte!

Die Stube des Thorwarts ist heute wie damals bewohnt, als der Kaiser noch Fürstenfeld hinausritt, um Bären zu jagen und auf dem Anger bei Buch seine große Seele in den Armen eines armen Bäuerleins aushauchte. Und unter dem Fenster des Thorwärtels dehnt sich noch heut auf solid aufgemalt der Basis die Steinbank, auf der mancher Bittsteller des Kaisers geharrt haben mag, um jeden, der auch dem Geringsten seines Volkes zugänglich war, sein Anliegen vorzutragen. Der alte Steinsitz war durch Jahrhunderte lange Benützung glatt geschliffen. Nun hat man jedoch einen neuen ersetzt. Wie Schade!

Kaiser Ludwig war ein schlichter Mann und kein Freund von Pracht und Prunk. So reichte auch der von ihm errichtet Flügel der alten Veste nicht ganz an die Lorenzkapelle hin; die erst sein Sohn Ludwig der Brandenburger erfüllte die Lücke aus.

Dem Kaiserflügel gegenüber, da wo heute die nüchternen Gebäude der Steuerkaster-Commission stehen, mögen wohl Wirtschaftsbaulichkeiten gelegen sein. Später befand sich das Hofbräuhaus und der älteste Bockkeller daselbst.

Im oberen Stockwerke des Hauptgebäudes ließ Albrecht V. seine Liberei (Bibliothek) aufstellen um bald zeigte noch zu Anfang dieses Jahrhunderts den Tisch und hölzernen Stuhle, deren sich der Herzog zu bedienen pflegte, wenn das sie besuchte. Von dem Erckerthürmchen aber geht die Sage, ein bei Hof gehaltener Affe habe einstmals, die Wärterin des neugeborenen Prinzen nachahmend, das fürstliche Kind in einem unbewachten Augenblick aus der Wiege genommen und sich mit demselben vor den Nachstellungen des Gesindes auf die Spitze jenes Erkers geflüchtet.

Uebrigens enthielt das Anlagen-Viereck, von dem bisher die Rede war, und das von dem großen Stadtbrande von 1327 arg beschädigt worden, keineswegs alle zu Alten Veste gehörenden Gebäude.

Da war zunächst außerhalb des ursprünglich auch mit einem Thurm überbauten nördlichen Burgthors jenseits des aus der Zeit der ersten Anlage der Stadt stammenden Stadtgrabens mit dem sogenannten Thoratzbach das Marstallgebäude mit einem geräumigen Turnierhof mit gotischen Pfeilerarkaden, die in der Renaissancezeit in Säulenarkaden umgewandelt wurden. Später wurde die ursprünglich an den Marienplatz, dann an der Stelle des kürzlich abgebrochenen Bockskellers befindliche Münze hierher verlegt. An dem Thoratzbache, etwa am scheidegaden der k. Münze, lag im Mittelalter das „Herzogen Bad“, in welchem am „schmalzigen Samstag“ 1451 derHerzog Christoph auf Befehl seines Bruders Albrecht IV. gefangen genommen ward. Nicht fern davon war der Faktenthurm, der wirklich Falken und Falkeniere beherbergte und erst bei der Anlage der Maximilianstraße abgebrochen wurde. Südlich davon, gleicht neben der Münze, lagen die herzogliche Mühle und Hofbäckerei (Hofpfisterei genannt). Diesen folgte, den Stadtgraben weiter hinauf, das herzogliche Hofbräuhaus, von dem sich noch ein Theil als Zerwirkgewölbe der Hofjagdintendanz erhalten hat. Zwischen dem Thor, das von der Lederer- (damals Ircher-) Gasse in die Burggasse hereinführte und der Burg, erbaute Herzog Albrecht IV. sich ein Haus und daneben wurden in einem anderen auch wieder Falken gehalten. Gegenüber aber, an der nördlichen Ecke der Burggasse und des Alten-Hofgäßchen, bis vor nicht langer Zeit „ Löweneck“ genannt, lagen die Löwenstallungen und das Haus der Löwenwärter und  dahinter der Löwenzwinger. Die bayerischen Herzöge von Ludwig dem Strengen bis Albrecht V. herab liebten es nämlich, Löwen zu halten, und der Letztgenannte hatte sogar einen zahmen um sich, der ihm nachlief wie ein Hund.

Zwischen dem Alten-Hofgäßchen und der Burg lag hinter der Burgmauer, wie zum Theil noch heute, ein Rasenplatz und an den schloß sich, die heutige Dienergasse entlang bis zum Muggenthaler- (später Larosée-) Thurm, der Schloßgarten.

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