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Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.
die Stadt besetzt, so zeigten und benahmen sie sich nicht mehr als Beschützer, sondern als Herrscher der Stadt und des ganzen Landes. Alle Einwohner Münchens wurden entwaffnet, und das fürstliche sowohl als das bürgerliche Zeughaus ausgeleert. Sodann wurde der kurfürstliche Hofkammerrath und geheime Sekretär Neusönner, welcher den Ilbersheimer Vertrag im Namen der Kurfürstin abschloß, freier Aeusserungen wegen gesanglich nach Oesterreich abgeführt, und wurden noch mehrere andere Manner, welche als Freunde ihres Vaterlandes verdächtig waren, ins Gefängniß geschleppt. Dem geheimen Sekretär Ulrich Beckensteller gelang es, den Nachforschungen der Oesterreicher dadurch zu entkommen, daß er sich unter ein Dach versteckte, und dann in der Verkleidung als Franziskaner nach Freising flüchtete, wo er zehn Jahre lang, bis Bayern von der österreichischen Gewaltherrschaft wieder befreit war, im Franziskanerkloster, dem er und sein Haus viel Gutes gethan, unter dem Namen Frater Orbil Dienste leistete. Alle vaterlandstreuen Bayern, welche der Gefahr eingekerkert zu werden entgehen wollten, mußten flüchten oder sich verbergen. Jedes laut gesprochene Wort, jede geheimnißvolle Miene war verdächtig; die österreichische Landesadministration hielt und besoldete überall geheime Spione; jede Zusammenkunft der Bürger in München oder der Landleute, sei es in der öffentlichen Gaststube oder in Privathöusern, wurde aufs schärfste überwacht, der geringste Schein eines Verdachtes führte belästigende Haussuchungen nach sich, und es wurden die Privatpapiere durchwühlt und Familiengeheimnisse nicht geschont. Die Familienglieder der mit dem Landesherrn ausgewanderten