Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Titel | Priester in Zeiten des Umbruchs |
Untertitel | Identität und Lebenswelt des katholischen Pfarrklerus in Oberbayern 1918 bis 1945 |
Autor:in | Forstner Thomas |
Verlag | Vandenhoeck & Ruprecht |
Erscheinung | November 2013 |
ISBN/B3Kat | 3525550405 (978-3525550403) |
Suchbegriff | Revolution 1918/19 |
Regierungsbezirk | Oberbayern |
Katholische Priester sahen sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesichts der politisch-gesellschaftlichen Umbruchsprozesse im Zuge der Modernisierung mit einer Welt im Wandel konfrontiert. Forstner geht am Beispiel des Pfarrklerus in Oberbayern der Frage nach, wie der Klerus und die Verantwortlichen in der Kirchenhierarchie auf diese Veränderungen reagierten. Er untersucht dabei die Prozesse der Nachwuchsrekrutierung und -ausbildung ebenso, wie den Wandel in der sozialen und mentalen Disposition des Klerus. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der priesterlichen Alltagskultur, deren unterschiedlichste Ausprägungen betrachtet werden: Das katholische Pfarrhaus mit seinen Hausgenossen, die materielle Situation des Klerus, seine geistigen und wissenschaftlichen Interessen ebenso wie sein Freizeitverhalten zwischen Wirtshaus und Sportplatz. Forstner zeigt, wie der Klerus in einem steten Spannungsverhältnis zwischen der Partizipation an den Errungenschaften der Moderne und der Wahrung der von der Obrigkeit geforderten Distanz zu diesen stand. Dem abweichenden Verhalten von Klerikern und den Strategien von dessen Verdeckung und Tabuisierung widmet sich die Studie anhand von Phänomenen wie dem Konkubinat, praktizierter Homosexualität und Eigentumsdelikten. Nicht zuletzt geht der Autor der Frage nach, wie der Klerus den größten politischen und gesellschaftlichen Herausforderung seiner Zeit, dem nationalsozialistischen Herrschaftssystem mit seinen Folgen und dem Krieg, gegenübertrat.
Vorwort
Einleitung
1. Interesse und Zielsetzung
2. Historiographischer Überblick zur historischen Klerusforschung
3. Quellenlage
1. Die kirchlichen Rahmenbedingungen 1918 bis 1945
1.1 Strukturelle Voraussetzungen im Erzbistum München und Freising
1.1.1 Das Bistum: Territorium und Verwaltungsgliederung
1.1.2 Katholische Laien: Cluster statt Milieu
1.1.3 Der Erzbischof: Kardinal Michael von Faulhaber (1917-1952)
1.1.4 Die Diözesanverwaltung: Zentrales Kontrollorgan für den Klerus
1.1.5 Faulhabers Führungsriege: Das Metropolitankapitel und zentrale Figuren der Diözesanleitung
1.2 Die ideologische Disposition: Kirche im Abstand zur modernen Welt
1.2.1 Die Herausforderung der Moderne
1.2.2 Kirche und Nationalsozialismus nach 1933:
Das Ringen um die bona particularia
2. Zwischen Selbstbindung und Gehorsam: Berufung und Berufsvorbereitung
2.1 Die Berufung zum Priestertum
2.1.1 Der Berufungsdiskurs
2.1.2 Autobiographische Reflexionen über die Berufswahl
2.1.3 Die Berufung begünstigende Faktoren
2.2 Die kleinen Seminare: Vorschule des Priestertums
2.2.1 Erziehungsziel und Profil der kleinen Seminare
2.2.2 Die Entwicklung der diözesanen Knabenseminare bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
2.2.3 Der Alltag der Zöglinge in Schule und Knabenseminar
2.2.4 Die Mitgliedschaft der Knabenseminaristen in der Hitler-Jugend
2.3 Spätberufene als Sonderfall in der Klerusausbildung
2.4 Die Seminarerziehung der Priesteramtskandidaten
2.4.1 Die Formung der Priesteramtskandidaten im tridentinischen Seminar
2.4.2 Das Klerikalseminar auf dem Freisinger Domberg
2.4.3 Das Herzogliche Georgianum in München
2.4.4 Diözesankleriker im Collegium Germanikum in Rom
2.5 Die Hochschulbildung für den Weltpriesternachwuchs
2.5.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen des katholischen Theologiestudiums
2.5.2 Die Philosophisch-Theologische Hochschule Freising
2.5.3 Die Katholisch-Theologische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München
2.6 Theologen beim Reichsarbeitsdienst
2.7 Priesterweihe und Primiz
2.7.1 Die Entwicklung der Priesterweihen 1918-1945
2.7.2 Die Primizfeier: Selbstvergegenwärtigung des klerikalen Standes und Konfliktfeld mit
dem Nationalsozialismus
3. Amt und Identität: Standesideal und priesterliches Wirken
3.1 Der Habitus clericalis: Anatomie eines Standesideals
3.2 Priesterliche Lebensnormen und ihr Vollzug
3.3 Die Pforrseelsorge in einer sich wandelnden Gesellschaft
3.3.1 Die Entwicklung des Diözesanklerus und der Strukturen der Pforrseelsorge
3.3.2 Seelsorglicher Alltag vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Marginalisierung des Klerus
3.3.3 Defensive Abwehrhaltung des Klerus gegenüber den Lebensäußerungen der modernen Welt
4. Zwischen Distanz und Partizipation: Aspekte der priesterlichen Identität und Lebenskultur
4.1 Das katholische Pfarrhaus: Organisationsformen und Bewohner
4.1.1 Die Hausgenossen des Pfarrers
4.1.1.1 Priestermütter
4.1.1.2 Pfarrhaushälterinnen
4.1.1.3 Hilfsgeistliche
4.1.1.4 Ruhestandsgeistliche
4.1.2 Der Pfarrhof
4.1.3 Die Pfarrökonomie als Sonderfall des Pfarrhauses
4.2 Materielle Situation und Einkommensentwicklung
4.2.1 Herkunft und Höhe des Seelsorgereinkommens
4.2.2 Auswirkungen der NS-Kirchenpolitik auf das Seelsorgereinkommen
4.2.3 Die prekäre finanzielle Absicherung der Außenseiter
4.3 Freizeitgestaltung, Urlaub, Reisen
4.3.1 Priesterliche Freizeitgestaltungen im Spannungsfeld von Standeskonformität und Anpassung
an die bürgerliche Lebenswelt
4.3.1.1 Der Problemkreis des Wirtshauses
4.3.1.2 Das neue Phänomen des Sports
4.3.2 Urlaub und Reisen
4.4 Geistige und wissenschaftliche Interessen
4.4.1 Lektüre
4.4.2 Private Gelehrsamkeit
5. Abweichendes Verhalten: Erscheinungsformen und Korrekturmechanismen
5.1 Die Bedeutung abweichenden Verhaltens im Klerikerstand
5.2 Mechanismen zur Normenkontrolle und Verhaltenskorrektur
5.2.1 Exkurs: Die Priesterheime in Dorfen und Mariabrunn
5.3 Erscheinungsformen abweichenden Verhaltens
5.3.1 Konkubinat
5.3.2 Finanzielle Unregelmäßigkeiten und Eigentumsdelikte
5.3.3 Homosexuelle Handlungen
5.3.4 Abweichung infolge psychischer Erkrankung:
Der Fall des Priesters Richard H. als tragisches Exempel
6. Braune Priester: Kleriker im Spannungsfeld von Katholizismus und Nationalsozialismus
6.1 Katholische Kirche und Nationalsozialismus bis 1933
6.2 Formen und Ursachen der Annäherung einzelner Kleriker an den Nationalsozialismus
6.2.1 Konsens und Loyalität
6.2.2 Aktive Kollaboration
6.2.2.1 Anti-Ultramontanismus und Nationalismus als ideologische Motive
6.2.2.2 Lebens- und Existenzkrisen als pragmatische Motive
6.2.2.3 Nicht kategorisierbare Sonderfalle
7. Bewährung in extremer Lage: Priester in den beiden Weltkriegen
7.1 Erster Weltkrieg
7.2 Zweiter Weltkrieg
7.2.1 Rahmenbedingungen für die Theologen und Priester
7.2.2 Anzahl der Kriegsteilnehmer und Vernetzung mit den diözesanen Strukturen
7.2.3 Kriegsalltag und Kriegserlebnis
7.2.4 Verfolgung und Kriegsgefangenschaft
7.2.5 Sinngebungsstrategien der Kirchenführung
7.2.6 Deutungsmuster des Krieges auf Seiten der Theologen und Klerike
8. Abstand, Selbstbehauptung und Widerstand: Auseinandersetzungen des Klerus mit dem Nationalsozialismus
8.1 Zur divergierenden Interpretation des Handelns von Katholiken und katholischen Klerikern im Dritten
Reich
8.2 Begriffsklärungen: Abstand, Selbstbehauptung und Widerstand
8.3 Die Auseinandersetzungen zwischen Klerus und Nationalsozialismus in quantitativer und qualitativer
Bewertung
8.4 Haltung und Verhalten der kirchlichen Oberbehörde angesichts des Widerstands von Klerikern gegen
den Nationalsozialismus
Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Siglen und Abkürzungen
Abbildungen
Tabellen
Karte
Quellen und Literatur
A. Ungedruckte Quellen
B. Gedruckte Quellen
C. Literatur
Personenregister