Rambaldi(1894) - Ettstraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 155. Ettstraße. Verbindet die Neuhauserstraße zwischen der Michaelskirche und der Mauthalle mit der Karmeliterstraße am K. Erziehungsinstitute und Ludwigsgymnasium. In der Michaelskirche wirkte Jahrzehnte hindurch als Organist ein Mann, welcher in der Geschichte der Musik eine hervorragende Rolle einnimmt. Wir meinen den Wiedererwecker der kirchlichen Tonkunst strengen Sthles Kaspar Ett, (Pilothbild Nr. 31), geb. 5. Januar 1788 zu Eresing in Oberbayern, gest. 16. Mai 1847 zu München. Die herrlichen Kompositionen des Mittelalters waren längst in Vergessenheit geraten, die alten Notenzeichen kannte man nicht mehr. Ett fand den Schlüssel zu diesen Zeichen und dieser Schlüssel ward in seiner Hand ein Zauberstab, mit welchem er ein in Todesschlummer erstarrtes Meer von Tönen wundersamer Art wieder zum Leben erweckte. Alsbald erklangen auf dem Chor der St. Michaelskirche tiefernste Weisen voll von religiöser Weihe, mächtig das Herz ergreifend, unwillkürlich zur Andacht stimmend, und diese wundervolle erhabene Vokalmusik, welche mit Allegris Miserere inaugurirt wurde, verdrängte nicht bloß auf dem Chore der St. Michaelskirche dahier, sondern allmählich auch anderwärts die Geschmacksverirrung, welche einschmeichelnden Kammermusik-Sthl in die Kirchen verpflanzt hatte. Ett hat übrigens nicht blos das Verdienst, daß er die klassische Kirchenmusik strengen Styles wieder zu Ehren brachte, er wirkte auch durch seine zahlreichen und herrlichen Kompositionen, welche im Geiste der alten Meister geschrieben sind, veredelnd auf die Mit- und Nachwelt *). Ursprünglich hieß diese Straße »Steindlgasse«, dann vom Ende des 16. bis zum 18. Jahrhundert »enge Gasse«, weil sie zwischen der Michaelskirche der Jesuiten und dem Kloster der Augustiner gelegen, durch den weithereintretenden Garten der letzteren sehr beengt war. Auch der Name ,,Jesuitenpflaster« kommt seit Herzog Wilhelm V. (1579-97) vor. Nach Beseitigung jenes Verkehrshindernisses erhielt die Straße den Namen ,,Weite Straße«, um den Gegensatz hervorzuheben. Bei der Säkulari- sation des Augustinerklosters 1803 brach man dessen westliche Gartenmauer ab, wodurch der jetzige freie Platz entstand (s. Augustinerstraße). Die Straße führt ihren Namen seit 6. April 1886.

*) Vgl. Schafhäusl über Ett. Allgemeine Ztg. Jahrg. 1847, Nr. 187.


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