Rambaldi(1894) - Orlandostraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 470. Orlandostraße. Führt vom Platzl südwestlich zur Ledererstraße. Zur Ehrung eines der größten Tondichter des 16. Jhdts. Roland de Lattre, genannt Orlando di Lasso oder Orlandus Lassus (Pilotybild 41) (so veränderte er seinen Namen wohl wegen häuslichen Unglücks). Der Steuerschreiber im Stadt-Münchner Steuerbuche nennt ihn gar: »Hörliando.« —-Unter Herzog Albrecht V. (1550 bis 1579) erfreuten sich die Künste am Münchener Hofe einer besonderen Pflege. Hervorragende Künstler aller Art kamen hier zusammen und erhielten lohnende Aufträge zur Bereicherung der neuangelegten Sammlungen. Das Kunstgewerbe in Bayern hob sich. Auch einen Vertreter der Musikkunst berief Albrecht, nämlich den Tondichter Orlando di Lasso, welcher seille Ausbildung als Musiker in Italien erhalten hatte. Die Heimat Orlandos ist aber nicht Italien, wie man aus dem Namen vermuten möchte, sondern Mons (Bergen) in der Grafschaft Hennegau in Belgien, wo er im Jahre 1532 (nach andern 1520 oder 1530 utld 1533) geboren wurde. 1557 kam er nach München und leitete hier die Hofmusik. Um sich hier einen häuslichen Herd zu gründen, verheiratete er sich 1558 mit der herzoglichen Kammerdienerin Regina Weckinger *), die ihm 4 Söhne, von denen 3 ebenfalls Musiker wurden, und 2 Töchter schenkte Sie starb den 5. Juni 1600. Seine Tondichtungen, deren man 1572 kirchliche und 765 weltliche zählt, verschafften ihm einen so großen Ruhm, daß er vom deutschen Kaiser Maximilian I. in den Reichsadelstand erhoben, und von Papst Gregor Xlll. und König Karl IX. von Frankreich zum Ritter hoher Orden ernannt wurde. Lasso hatte letzteren Fürsten so für sich eingenommen, daß er 1574 ihn einlud, in seine Dienste zu treten. Von Herzog Albrecht dazu ermuntert und freundlichst entlassen, reiste er deshalb nach Paris ab; aber kaum auf halbem Wege erfuhr er den Tod des Königs und kehrte wieder nach München zurück, wo ihn der Herzog mit neuer Huld empfing. Ein Werk Orlando’s, die Musik zu den 7 Bußpsalmen Davids (für Gesang), ehrte Herzog Albrecht so hoch, daß er es durch Matthias Frießhammer sauber auf Pergament schreiben, von seinem Hofmaler Hans Mielich mit den schönsten Miniaturbildern zieren, dann glänzend in roten Saffian binden und den Einband von Georg Sechkeim mit Silber, emaillierter ulld vergoldeter Arbeit ausschmücken ließ. Dieses kostbare Werk ist ein Schmuck der Münchner Hof- und Staatsbibliothek. In der letzten Zeit seines Lebens wurde Orlando, durch vieles Arbeiten geschwächt. düster und schwermütig, und der am 14. Juni 1594 erfolgte Tod erschien ihm als eine Wohlthat. Von seinem edlen Sinne zeugt, daß er noch kurz vor seinem Ableben einen beträchtlichen Teil seines Vermögens zu einer milden Stiftung für Arme verwendete. Herzog Albrecht V. schenkte ihm einen Garten zu Schöngeising **), außerdem hatte er sich von seinen Ersparnissen zwei Häuser und einen Garten in München (s. am Platzl), sowie ein Gut zu Putzbrunn erworben. Die Inschrift der am Hause Nr. 4 am Platzl allgebrachten Tafel lautet: »Dieses Haus gehörte dem Kapellmeister Orlando di Lasso, geboren zu Bergen im Hennegau im Jahre 1532, gest. zu München im Jahre 1594, späterhin dem Maler Peter Candid, gestorben dem Jahre 1628." Auf sein Grab im Kirchhofe des Franziskanerklosters setzte ihm seine Witwe ein Denkmal, welches, bei dem Abbruche des Klosters 1802 von dem Hofschauspieler Heigel gerettet, von König Ludwig I. im Gebäude der Akademie der bildenden Künste aufgestellt wurde, von wo es nach Errichtung des k. Nationalmuseums in dessen Garten übertragen wurde. König Ludwig I. nahm seine von Max von Widnmann 1843 gefertigte Büste in die Ruhlileshalle auf und setzte ihm aus dein Promenadeplatze eine nach desselben Künstlers Modell von Miller gegossene Statue ***) Die Straße trägt dessen Namen seit 1. Dez. 1813, resp. März 1874; früher hieß sie ,,Seeriedergasse« nach einem Brantweiner Josef Anton Seerieder, dem schon 1731 eines der nach der Lederergasse sehenden Eckhäuser gehörte. Noch hundert Jahre später nannte man in der bis aus die jüngste Zeit sehr engen Gasse das betreffende Haus »zum Seerieder-Branntweiner.

*) Dr. Karl Trautmann veröffentlichte in der Monatsfchrift des histor. Vereins vom Mai 1893 S. 71 einen interessanten Brief von Orlando di Lassos Ehefrau aus dem Jahre 1575. **) Monatsschrift des hist. Vereins voll Oberbayern, Jan. 1894, S. 7. ***) Über Orlando di Lasso vergleiche: E v Destouches Orlando d. Lasso, Ein Lebensbild zum dritten Zentennarium seines Todestages, München 1894 bei Lentner. Dr. Adolf Sandberger, Beiträge zur Geschichte der bayer. Hofkapelle unter Orlando di Lasso, Leipzig 1894: Jos. Mayer Münchner Stadtbuch 339; Leher Bayerland 1890, S. 104.


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