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Beschreibung: 672. Unertlstraße.Bildet die Verbindungsstraße von der
Moltkestraße in Schwabing zur Belgradstraße und läuft parallel mit
der Destouchesstraße. Zur Ehrung des kurfürstlichen geheimen Rates
und Conferenzministers Franz Josef von Unertl (Pilotybild 102).
Ein Beispiel treuer uneigennütziger und unerschrockener Pflichterfüllung
und einer tief eingreifenden Einwirkung in die Geschichte unsres Landes
bietet das Dienstleben F. J. v Unertels unter zwei Regenten (Kurfürsten Max Emanuel und Karl Albrecht) des Kurstaates Bayern, die
er in den bedrängtesten Zeiten, die das Land je durchzumachen hatte,
mit seinem Rate und seiner Sorge umgab und aus ihren Leiden heraus zuwickeln wußte. Auch die Reichsvikariatsgeschäfte nach dem Tode des
Kaisers Karl Vl. wurden von ihm für seinen Landesherrn als Kurfürsten geführt. Fr. J. von Unertl *)wurde zu München am 21. Februar 1675 als Sohn des Sekretärs Georg Unertl und seiner Frau
Regina geboren, genoß in seiner Vaterstadt den ersten Unterricht, trat
dann in öffentliche Dienste, und scheint schon zur Zeit, als Kurfürst
Max Emanuel in Brüssel sich aufhielt, dessen Vertrauen genossen zu
haben. Als der Kurfürst 1704 das Land verließ, flüchtete Unertl
das Archiv und den ganzen Schatz und verbarg sie mit zwei kostbaren
Gemälden von Coreggio so schlau, daß er sie seinem Herrn nach zehn
Jahren wieder unversehrt erstatten konnte. Hiebei geriet er aber durch
die Aussagen des Ratssekretärs Neufönner und die Drohungen eines
Karmeliters in solche Gefahr der Entdeckung, daß er gelobte, wenn er
die Sache glücklich beende, eine Kirche in Schönbrunn (bei Dachau),
einem Gute seiner Frau, einer geborenen Freiin von Schmid, erbauen
zu lassen. 1726 wurde ihm »wegen der aus dem Archiv gezogenen
nicht gemeinen Wissenschaft der Sekret und Archivalien« unter Ernennung zum Kanzler des geheimen Rats die Leitung der »Landes-
und Kriegsaffairen« übertragen. Als vor der Wahl des neuen deutschen Kaisers der König von Frankreich dem Kurfürsten Karl Albrecht
versprochen hatte, durch Geld und Truppen seine Ansprüche auf Oesterreich und Böhmen zu unterstützen und ihm zur Kaiserkrone seine Hilfe
zu gewähren, hielt es Unertl für seine Pflicht, dein Kurfürsten in
einer Konferenz mit den Ministern zu raten, die deutsche Kaiserkrone
nicht zu suchen und anzunehmen, und gab ihm zu bedenken, daß schon
sein Großvater Ferdinand Maria die ihm öfters angetragene Krone
ausgeschlagen habe, und erklärte sich offen gegen einen Krieg mit Oesterreich. Der Kurfürst entschloß sich endlich, durch den Drang der politischen Bewegungen genötigt, zu einer ganz geheimen Konferenz mit
Beiziehung des französischen Gesandten in Nymphenburg, ohne den
Kanzler Unertl davon in Kenntnis zu setzen. Dieser erfuhr es doch
und eilte dahin. Aus besonders strengem Auftrage wurde er von der
Wache der Hartschiere vor dem Saale zurückgewiesen. Fest entschlossen,
seinen Fürsten und das Vaterland vom Kriege zu retten, begab er
sich in den Schloßgarten, stellte eine Leiter an ein Fenster des Konferenzsaales, schlug eine Glastafel ein und rief zur Oeffnung hinein-
»Um Gotteswillen, kurfürstliche Durchlaucht, nur keinen Krieg, sonst
find Sie, Ihre Familie und Land verloren· Trauen Sie den Franzosen nicht! Denken Sie an Ihren hochseligen Vater und an das
Los, das ihm und Bayern wurde. Nur keinen Krieg!« Graf Törring aber legte seinen Degen auf den Tisch und rief: ,,Krieg!«, der
auch beschlossen wurde. Aber der Kanzler prophezeite die Wahrheit,
wie die Geschichte bestätigt hat. Dies geschah am 18. Mai 1741.
Unertl überlebte seine beiden Herrn und starb am 22. Jan. 1750;
er wurde an der Ostseite der Frauenkirche in München begraben, wo
sich sein Denkstein noch befindet.
Die Straße hieß früher »Maffeistraße« und trägt Unertl’s Name
seit 6. Okt., resp. 8. Nov. 1890.
*) cfr. Stumpf, S. 200; Geschichtliche Bilder aus Münchens Vergangenheit, gesammelt von einem Geschichtsfreunde, München 1889 S. 26 ff.; Franz Freiherr von Unertl, Geheimratskanzler und Konferenzminister von F. v. G. Giert, Bayerland 4. Jahrgagn S. 75.