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Beschreibung:
730. Zwingerstraße. Zweigt von der Westenriederstraße südlich ab, kreuzt die Frauenstraße beim Schulhause und mündet in die Rumfordstraße an der Heiliggeistmühle. Sie erhielt ihren Namen im November 1868 und durchschneidet ungefähr zwischen dem ehemaligen Brunnenhause, dem magistratischen Anwesen Nr. 3 in der Westenriederstraße, und dem Schulhause an der Frauenftraße den äußeren oder zweiten Stadtgraben an der Westenriederstraße, welcher später bei fortschreitender Verbesserung der Befestigungsanlagen die Benennung »Zwinger« bekam. Der Aufschwung Münchens vollzog sich nämlich so rasch, daß der älteste Stadtumfang welchen man nach Herzog Heinrich dem Löwen den der »leoninischen Stadt« (1158 bis 1179) nennen könnte, schon nach einem halben Jahrhundert nicht mehr genügte. Am besten vergegenwärtigt man sich denselben, wenn man sich die fünf ältesten Stadtthore mit einer 1164 jedenfalls schon begonnenen Mauer nebst vorliegenden nassen Graben verbunden denkt. Jene waren das »obere« (später Thalburgthor, jetzt Rathausbogen), das »untere« (Neuhauser- und später Chufringerthor), das früheste ,,Sendlingerthor« (später Pütrichturm), das »vordere Schwabingerthor« (später Krümbleinsturm) und das ,,hintere Schwabingerthor« (später Wilprechtsturm) (s. Thal, Kaufingerstraße, Rindermarkt, Diener- und Schäfflerstraße). Das Entstehen der zweiten Stadtumfassuug außerhalb der bezeichneten Thore fällt aber nicht früher, als etwa zwischen 1287 und 1315; die ältesten Stadtmauern hatte man 1310 niedergelegt. 1819 erhielt der neue Mauerring eine zweite Mauer, wodurch sich der zwischenliegende Zwinger bildete, der wahrscheinlich an die Stelle des äußeren Stadtgrabens kam, Mit der zuletzt bezeichneten zweiten Mauer ward nun auch ein neuer äußerer Stadtgraben gezogen, in den man das Wasser aus der Isar leitete. Die mit diesen Erweiterungen verbundene Herstellung zahlreicher Wehrtürme sowohl an der inneren wie an der äußeren Mauer, noch mehr aber das Ausheben des Grabens zogen die Arbeit sehr in die Länge. Jene erweiterte Umfriedung ist dann die Befestigungslinie Münchens nicht blos im ganzen Mittelalter, sondern dem Grundriß nach auch mit der neueren Zeit geblieben, und war beim Regierungsantritt König Ludwigs I. noch fast ununterbrochen erhalten. Sie läßt sich recht deutlich dem Volkmer’schen Stadtplan von 1613 entnehmen und schon in einer den Flächeninhalt der ältesten Stadt versechsfachenden Weise den Abschluß der ursprünglichen Thore um das Maß der Verlängerung der vier sich am Marktplatz kreuzenden Hauptstraßen hinaus. Am bezeichnendsten wäre die zweite, neue Umfassung zum Andenken an Kaiser Ludwig den Bayer die ,,kaiserliche« zu nennen. Um 1319 müssen ferner die vier neuen Thore entstanden sein: Das Jsar-, Neuhauser-, Sendlinger- und Schwabingerthor (s. Jsarthorplatz, Neuhauser-, Sendlinger- und Residenzstraße). In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts bildete sich der Zwinger um die ,,neue Veste«, dessen Bau 1430 begann, und in der zweiten entstanden die Basteien vor den Stadtthoreu. Der Zwinger umgab die ganze Stadt München mit Ausnahme einer kleinen Strecke an der Residenz, welche durch zwei starke Türme und einen breiten nassen Graben schon Schutz hatte. Ganz unabhängig von den bisher erwähnten Befestigungen sind die unter Kurfürst Maximilian I. zwischen 1619 und 1638 entstandenen Anlagen, welche der Stadtplatt Merian’s von 1644 zeigt. , Ein hoher und breiter Wall, achtzehn mehr oder weniger vorspringende Bastiotte bildend, sowie ein mit Wasser gefüllter Graben umzogen die bisherige Umfassung der Stadt, wobei auch des großen Erdbedarfes wegen der ältere, rückliegende Graben erst die späteren Ausmaße erhielt. Als 1795 die Festungseigenschaft Münchens aufgehoben ward, wies man die Zwinger den Bürgermeistern zur Benützuug an und verwandelte dieselben in hübsche Gärten, bis auch sie mit dem Sinken der Wälle zwischen 1801 und 1805 meistens ausgefüllt wurden und verschwanden. Auch die Zwingerstraße ist durch Auffüllung eines Teiles vom alten Zwinger entstanden. War der Zwinger, den Bürgermeistern zur Nutznießung überlassen, mit seinen freundlichen Gartenanlagen zu jeder Zeit ein gar lieblicher, heimlicher Aufenthalt, so prangte er am, "großen Antlastage« (Fronleichnamstage) im schönsten Blumenschmucke, und man wird zugeben müssen, daß der feierliche Zug durch denselben weit poetischer war, als der heutige durch die dichtgedrängten Volksmassen im Inneren der Stadt. Der Zug, welcher abwechselnd von U. L. Frau und St. Peter ausging, nahm seinen Weg über den Schrannenplatz durch die Diener- und Residenzstraße zum Schwabingerthor hinab. Während nun daselbst der Klerus mit dem Sanktissimum in Begleitung des Hofes und der Beamten aller Branchen sich in den Zwinger begab und in demselben die ganze Stadt umschritt, um schließlich bei demselben Thore wieder in die Stadt zurückzukehren, harrten die Zünfte mit ihren Fahnen und Stattdarten am Thore und in der Schwabingergasse der Rückkehr des Zuges, nicht ohne hie und da einen Abstecher nach einem benachbarten Wirtshause zu machen.