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Die Baukunst Alt-Münchens

II. Abschnitt: Baugeschichtliche und bautechnische Erläuterungen zu den Stadtbildern.

Abb. 57—63: Häusergruppen in der Kaufingerstraße, im Tal und in der Neuhauserstraße; Häuserblock am Frauenplatz.

Die Zeichnungen 60, 61 und 62 sind bezüglich der Hauptlängen- und Höhenmaße getreu dem Modell nachgezeichnet; bei Nachmessungen wird man leicht finden, daß die Höhenmaße im Modell übertrieben sind und mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Meister Sandtner har dies nicht ohne Grund getan; es alg darin offenbar die Absicht, dem Neschauer des Modells die einzelnen Straßenbilder besser zu veranschaulichen, ebenso wie er auch die Straßen, insbesonders die engen Gäßchen, breiter machte als sie wirklich waren; hätte er die damalige (besonders die ältere) Stadt mit den engen Gassen und niedrigen Häusern genau im richtigen Maßstab datgestellt, so hätte man, da ja man immer in das Modell von oben hineinblicken muß, nicht viel gesehen. Sandtner hat also auf diese Besichtigung von oben bei der Anlage seines Modells Rücksicht genommen.103)

Folgende maßstäbliche Untersuchungen geben darüber Aufschluß, wie der Meister hiebei verfuhr.

Die Herstellung des Stadtplanes mag wohl der schwierigste Teil der ganzen Arbeit gewesen sein, denn es war gar nicht möglich, das unregelmäßige Straßennetz Münchens mit den in dieser Zeit zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln genau geometrisch in einem Plane festzulegen. Sandtners Aufgabe wurde aber noch erschwert, weil er die Straßenbreiten aus oben genannten Gründen vergrößern wollte. Wie er sich dabei half, zeigt uns Abb. 57 (ein Planausschnitt der Umgebung der Kreuzkirche)104); die Blockgrößen wurden genau beibehalten (wie auch frühere Messungen schon ergeben haben und wonach allein man den Maßstab des Modells 1:750 bestimmen konnte), die Straßen im Inneren der Altstadt mäßig, nach der Oheripherie hin bis um 12 m verbreitert105); bei unserem Planausschnitt beträgt die gesamtverbreiterung bei einer Länge von 549 m (Karlstor — Kreuzkirche — Sendlingertor) rund 47 m, ein Maß, das sich rechnerisch und zugleich aus der Zeichnung ergibt. Um dieses Maß von 47 m ist also die Stadtmauer der genannten Strecke im Modell zu lang ausgeführt.

Mit Hilfe fester Punkte, wie sie uns jetzt noch bestehende Bauten darbieten, lassen sich durch Messungen der Entfernungen dieser Punkte im Modell die Differenzen, d. h. die Mehrungen in den Maßen feststellen, mit denen Sandtner gearbeitet hat. In der folgenden Tabelle sind dei Ergebnisse dieser Messungen niedergelegt:

    Wirklichkeit Modell Differenz
1 Rathausturm—Isartorturm (Hauptturm) 385 m 425 m 40 m
2 Rathausturm—Schöner Turm
(NB. Die frühere Lage des schönen Turmes läßt sich jetzt noch genau feststellen).
4.096 m 439 m 33 m
3 Schöner Turm—Karlstorturm 375 m 383 m 8 m
4 Rathausturm—Südl. Turm der Frauenkirche 354 m 390 m 36 m
5 Rathausturm—Torturm des alten Hofes. 170 m 184 m 14 m
6 Rathausturm—Chormittelpunkt der Frauenkirche 300 m 319 m 19 m
7 Karlstorturm—Turm der Kreuzkirche 379 m 416 m 37 m
8 Turm der Kreuzkirche—Sendlingertorturm 170 m 180 m 10 m

103) Sandtner hatte in der Anfertigung von Stadtmodellen große Erfahrung; er machte im Auftrag von Herzog Albrecht des Fünften außer dem Modell der Stadt München auch Modelle von den Staädten Landshut, Ingolstadt und Burghausen (siehe Alt-München. S. 33).
104) Die schraffierten Linien im Plane umschließen die richtigen Blockgrößen, während die unterbrochenen Linien die wirklichen Straßenbreiten angeben.
105) Vermutlich half sich Sandtner dadurch, daß er von den einzelnen Häuserblöcken genaue Schablonen herstellte und diese solange auf der Unterlage zurechtrückte, — vielleicht mit Benützung einiger Fixpunkte —, bis er das gewünschte Straßennetz erhielt.

57. Planausschnitt der Umgebung der Kreuzkirche.

57. Planausschnitt der Umgebung der Kreuzkirche.

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