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Bautechnischer Führer durch München 1876

Die Bauten Münchens.

I. Cultanlagen

Die Kreuzkirche, vormals Allerheiligenkirche in der Kreuzgasse. (Geschichte S. 19.) Aeusserlich wenig veränderter und für die kleinen Verhältnisse gut wirkender Bau in der Back- steingothik des Baumeisters der Frauenkirche, einschiffig mit Strebepfeilern und einem mächtigen Thurm über der Chorvierung, über welche der Cborschluss als halbkreisförmige Apsis heraustritt. Das Innere ist im dürftigen Renaissancestyl umgestaltet, die Ausstattung aber sehr ärmlich, da die Kirche 1796—1814 profanen Zwecken (Heumagazin) dienen musste, wobei der frühere Inhalt verschleppt ward. Das einzig Bemerkenswerthe ist das Grabdenkmal des Rathsherrn Güz von 1629, mit einem die Auferweckung des Lazarus darstellenden schönen Bronzerelief von unbekannter Hand.

Die hl. Dreifaltigkeits-Kirche in der Pfandhausstrasse wurde 1704—1718 nach den Plänen der italienischen Architekten v. G. A. Visardi erbaut (vergl. Baugeschichte S. 71.) Es ist der erste Bau Münchens in welchem das borrominische Barock entschieden auftritt, namentlich in der stumpfwinklig vorspringenden Facade. Das Innere besteht aus einem Kuppelbau auf vier reich pilastrirten Pfeilern, zwischen welche sich kurze Kreuzschenkel mit Tonnengewölben spannen. Der Kreuzschenkel dem Eingang gegenüber erweitert sich zum apsidalen Altarraum. Speziell Bemerkenswerthes besitzt die Kirche, welche den Karmelitinen überwiesen war, nichts. Auch das rechts anstossende Klostergebäude, jetzt zu städtischen Administrativzwecken (Leihhaus etc.) verwendet, ist höchstens durch den hier rein auftretenden Zopf der Portale für denjenigen bemerkenswert!), welcher sich den Unterschied zwischen Barock, Rococo und Zopf klar machen will.

Der Bürgersaal oder Betsaal der deutschen Congregation wurde 1710 von der Münchener Bürgerschaft nach dem Plan des Visardi zu bauen begonnen und hatte den Zweck, der schon länger bestehenden lateinischen Congregation eine ähnliche und gleichfalls von den Jesuiten geleitete deutsche und bürgerliche an die Seite zu stellen. Die schlichte, pilastergeschmückte Facade bietet ausser der Madonna von F. Ableitner kein weiteres Interesse. Ihren zwei Etagen entspricht auch die innere Einrichtung, welche ebenfalls doppelgeschossig ist, doch ist das Erdgeschoss wegen mangelnder Beleuchtung lediglich ein untergeordneter Gew lberaum. Das saalartige Obergeschoss ist in seiner Flachdecke durch ein grosses Gemälde von Mart. Knoller, 1775 gemalt, geschmückt. Aus der Entstehungszeit des Baues aber stammen die Landschaften von J. Beich, die bayerischen Wallfahrtsorte darstellend, wie der in Relief hergestellte englische Gruss des Hauptaltars von Greif und A. Faistenberger. Das rechtseitig anstossende nunmehrige Privathaus war das nach Vollendung des Betsaales von der Gemahlin des Churfürsten und Kaisers Carl (VII.) Albert hergestellte Exercitienhaus.

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