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Bautechnischer Führer durch München 1876

I. Epoche des Mittelalters

ten, der ihnen auch in unserem Jahrhundert geworden ist, kein weiterer Thorbau. — Gleichwohl scheint auch diese betr chtliche Erweiterung nicht lange genügt zu haben; denn wohl zumeist in Folge des von Herzog Rudolph am 18. Juni 1294 der Stadt ertheiltcn Privilegienbriefes vermehrte sich die Bev lkerung durch Zuzug von Aussen lebhaft und die H user dr ngten sich innen wie aussen so nahe an die Stadtmauer, dass Ludwig der Bayer 1315, um die Befestigung nicht illusorisch werden zu lassen, der Stadt die Weisung zugehen lassen musste, Alles, was den Stadtmauern innen und aussen zu nahe k me, abzubrechen. Die H user hatten sich indess zwar an Zahl vervierfacht, aber an Ansehnlichkeit nur wenig gewonnen. Selbst die Burg des Herzogs und seines Sohnes dos Kaisers Ludwig des Bayers scheint vor dem Brande 1327 keineswegs von künstlerischer Bedeutung gewesen zu sein und ebenso das lteste, urkundlich ganz unbekannte Rathhaus; die Privath user aber bestanden noch aus Holz und Fachwerk und verliehen daher auch gelegentlichen Br nden leicht einen vernichtenden Umfang. So dem erw hnten Brande von 1327, der im Angerkloster ausbrechend sich über den Sebastiansplatz, das Rosenthal, den Rindermarkt, Kirche und Pfarrhaus von S. Peter, das h. Geistspital, das Thal, die Lederergasse, die Graggcnau (Platzl), die Burggasse, den alten Hof und das Franziskanerkloster (an der Stelle des jetzigen Hoftheaters) sich erstreckte und somit die H lfte der Stadt in Asche legte. Als trotzdem die nouaufzubauenden H user wieder in Holz hergestellt wurden, musste endlich Kaiser Ludwig im Einvernehmen mit dem Magistrat geradozu die Schindeldeckung an Neubauten verbieten und die Herstellung der W nde in Ziegeln dringend empfehlen (1342). Welche Wirkung diese Anordnung des nicht lange darauf aus dem Leben scheidenden Kaisers hatte, zeigt das. Rathhaus selbst, das mit seinen Holzd chem sammt dem Rath- thurme 1418 abermals einem grossen Brandunglück im Thal und in der Graggcnau erlag und trotzdem neuerdings mit Schindeln gedeckt wurde. Doch hatten des Kaisers Anordnungen wenigstens den Erfolg, dass die Neubauten unter Einhaltung der Baulinie hergestellt und die Strassenanlagen mehr Breite erhielten, w hrend erst die st dtische Bauordnung v. J. 1370 die Herstellung einer ann hernden Geradlinigkeit der H userreihen durch Zurücksetzung oder Vorbau einzelner Geb ude und den Abbruch vorspringender Lauben und Freitreppen wie auch die Verschliessung der für Kinder lebensgef hrlich auf die Trottoirs mündenden Kellerh lse erzielte. Die Pflasterung, in Kieselsteinen hergestellt, wie sie noch jetzt theil- weise besteht, muss gleichfalls um diese Zeit angeordnet worden sein, wenigstens wird der Stadt 1394 die Erhebung eines Pflaster- zolles bewilligt. Stadtbeleuchtung gab es noch nicht; Strassen- reinigung war nur vor den h chsten Festtagen geboten. Durch die Stadterweiterung unter Ludwig dem Strengen war __ __

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