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Bautechnischer Führer durch München 1876

I. Epoche des Mittelalters

betrachton und wenden uns zun chst zu dem Viortel, das von den in ziemlich stumpfem Winkel zu einander stellenden Strassen, Thal und Sendlingergasse gebildet wird, aber trotzdem nicht mehr Raum umscliliesst, als jedes der beiden n rdlich von Kaufingerstrasse und Thal befindlichen Viertel. Wir setzen es an die Spitze, weil es das lteste Hauptgeb ude Münchens enth lt, n mlich das schon 13 Jahre nach der Stadtgründung als Pfarrkirche erw hnte S. Peter. Dass diese Kirche vielleicht an der Stelle einer von Tegernsee gegründeten Kapelle entstanden, wurde schon erw hnt. Um 1281 war der Bau (flachgedeckte romanische Basilika) so schadhaft, dass damals zum Zweck eines Neubaues gesammelt ward, welcher jedoch nur 1292 — 1327 stand, da in dem letzten Jahre ein Brand ihn g nzlich vernichtete. Der Wiederaufbau wurde verz gert oder war sehr langwierig; erst 1365 konnte das nun gothische Geb ude geweiht werden, das jetzt bis 1607 ziemlich unver ndert bestand und erst in jenem Jahre durch einen Blitzstrahl seine Doppeltlmrmigkeit und bei dem Wiederaufbau seinen Styl verlor. Eine benachbarte Kapelle ist nach verschiedenen Seiten hin Gegenstand gelehrter Controversen geworden, die sog. Wies- kapelle. Steht es auch fest, dass der Name nicht mit der Bezeichnung „auf der Wiese“ (in prato) zusammenh ngt, so scheint doch unentschieden, ob sie aus dem altdeutschen vice (Pein), Unser Herr in der Pein, oder von der Bezeichnung „auf dem Widern“ d. h. in dem Bezirk oder in dem Pfarrhofbezirk von S. Petor lierrülire, was allerdings durch einige von Nagler beigebrachte urkundliche Notizen viele Wahrscheinlichkeit darbietet. — Im letzteren Falle w re die Priorit t der Wieskapelle vor S. Peter, nicht aufrecht zu halten, wie auch jedenfalls die jetzige Wieskapelle hinter dem Chor von S. Peter, jetzt magistratische Registratur, als auf dem niedergelegten ltesten Stadtring befindlich, nicht aus der Stadt Heinrich des L wen stammen kann. Dieses Kirchlein ist auch im gothisclien Styl erbaut und ilürfto wohl erst im 14. Jahrhundert entstanden sein, wie auch sein angeblich wunderth tiges Schnitzbild als ein Werk des Münchener Bildhauers Andr. Wienhart erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts hergestellt worden ist. Ob das anstossende rundbogige Oratorium lter, muss dahingestellt bleiben. • Vor der Peterskirche bildete sich ein nicht allzuger umiger Platz oder vielmehr eine erweiterte Strasse, deren Linienzug sich keineswegs nach der Kirche, sondern nach der leoninischen Befestigungslinie und mit dieser nach den Niveauverh ltnissen richtete und daher die fast halbkreisf rmige Biegung erhalten hat, die er noch heutzutage besitzt. Die Strasse hiess ursprünglich Watmangergasse, von den dortigen Wollwaarenwerkst tten und Magazinen, vor welche wohl nur h lzerne Verkaufsbuden vorgelegt waren; der noch jetzt bestehende Name Rindermarkt, der sicher auch seine sachliche Bedeutung hatte, erscheint urkundlich nicht vor 1430.

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