Alte Bücher

 Seite 30


Bautechnischer Führer durch München 1876

I. Epoche des Mittelalters

auf unser Jahrhundert gelangt ist, die aber weder in der ursprünglichen noch in der sp teren Erscheinung mit der von Ludwig dem Strengen gegründeten Klosterkirche von Fürstenfeld verglichen werden konnte. Von Privath usern aber reicht nur das Gollirhaus, jetzt als st dtisches Archiv einer von den Annexen des alten Ratli- hauses rechts von dem überw lbten Durchgang vom Marienplatze zum Petersplatz, in die romanische Zeit hinauf und ist ausnahmsweise in Quadern aufgeführt (welchem in München seltenen Umstande wohl auch seine Erhaltung zuzuschreiben ist), aber innen wie aussen v llig schmucklos. Etwas besser werden die Verh ltnisse mit Ludwig dem Bayer in der ersten H lfte des 14. Jahrhunderts, obgleich auch die (Jothik schüchtern und in dem ihr eigenthümlichen Schmucke selbst noch sparsamer auftritt, als es der Backsteinbau verlangte Der grosse Brand des Jahres 1327 gab reichliche Baugelegenheit; doch scheint des Kaisers Augenmerk mehr auf h here Solidit t, auf Ordnung und Rectificirung der Strassenlinion und besonders auf die Herstellung der betr chtlich erweiterten Befestigungsbauten als auf künstlerische Versch nerung gerichtet gewesen zu sein. Dass er namentlich weniger als andere deutsche Fürsten jener Zeit auf sich selbst Bedacht genommen, zeigt die von ihm stammende Erweiterung der Alten Veste durch den westlichen Trakt, der mit ungleich geringerer Pr tension hergestellt ward. als der gleichzeitige Saalbau des Rathhauses, dem wenigstens imposante Grossr umigkeit nicht abgesprochen werden kann, wenn er sich auch nicht zu monumentalem Gew lbebau erschwingen konnte. Doch gewann die Stadt w hrend seiner Regierungszeit jenen thurmreichen Charakter, der den gothisch mittelalterlichen St dten eigen ist. Man z hlte um die neue Stadtmauer hundert Thürme, an den Thorbauten nach dem Barbakansystein zu je dreien gruppirt und in quadratischem und halbrundem Plane wechselnd, wodurch sie wenigstens nicht ohne den Reiz der Mannigfaltigkeit blieben. Die ussere Erscheinung der Stadt versch nerte sich noch durch den Umstand, dass die Thürme des Inneren die Zinnen der Mauer wie der Thurmverst rkungen überragten. weniger wegen ihrer namhafteren H he, als durch den Umstand, dass die leonmische Stadt um durchschnittlich 15 Meter, gegen Südosten nahezu um das Doppelte, h her lag. Die Vorliebe für Thurmanlagen liess auch die Thürme der fünf leoninischen Thore nicht blos erhalten, sondern veranlasste sogar ihren solideren und wohl auch h her geführten Wiederaufbau, ausserdem aber entsch digte man sich für den Mangel an architektonischem Schmuck dadurch, dass man die Paraden der Thürme durch Malerei belebte. Am meisten geschah diess an den Thürmen der inneren Stadt, ferner an den Thoren, doch findet sich auch die Notiz, dass selbst die Thürme, welche die Mauerlinie unterbrachen und die Mauer des Zwingers mit dem bayerischen Rautenwappen, seit Ludwig dem

 Seite 30