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Bautechnischer Führer durch München 1876

II. Epoche der Renaissance.

Augenschein aur dem Merian'schen Plan von 1644, wonach die Anlage des Gartens mehr der Kleinlichkeit und peinlichen Symmetrie der niederl ndischen Gartenkunst dieser Zeit, als der italienischen Art entspricht. Die geschnittenen Laubeng nge mit ihren zahlreichen Eing ngen, die vielen kleinen Kuppelbaldachine rings um den erw hnten Mittelbau, die Teppichmuster der Beete. die wir uns als in Buchs und Tulpen ausgeführt denken dürfen, tragen kein eigentlich italienisches Gepr ge. Immerhin aber war das Ganze nicht ohne Sch nheit und der Blick von dem flachen Dache des l.usthauses aus mochte eine mannigfaltige und reiche Perspektive gew hrt haben. Das Maximilianische Schloss selbst blieb ziemlich unver ndert bis 1679, in welchem Jahre ein Brand im Innern grosse Verheerungen anrichtete. Ein zweiter Brand vom Jahre 1729 vernichtete den gr ssten Theil der Ostseite, und als dieser von Churfürst Carl Albert kaum wieder aufgebaut war, ein dritter von 1750 den Neubau und mit den Geb uden um den Küchenhof den n rdlichen Flügel der Neuen Veste, welcher auch bis K nig Ludwig I. Ruine blieb. Der einheitliche Charakter des maximilianischen Baues aber war durch diese Katastrophen schon vollst ndig aufgel st, womit sich auch die nicht ohne einige Rücksichtslosigkeit vollzogene Einzw ngung desselben in die beiden neuen Flügel des K nigsbaues und des Saalbaues wesentlich entschuldigt. Verfasser weiss nicht, ob die Frage schon publieistiseh er rtert worden ist. auf welche Einflüsse der Styl der Baumeister der Michaelskirche wie der Residenz zurückzuführen sei. Nachrichten über die Jugendzeit der beiden Architekten liegen nicht vor. Wendel Dieterlin aus Strassburg, dessen Identit t mit dem in Augsburg und München unter dem Namen Wendel Diettrieh auftretenden Meister wir voraussetzen, war 1582 in seinem 33 Lebensjahre schon ein weitberufener Künstler, da ihm ungef hr gleichzeitig die Auszierung des Lusthauses des Herzogs Ludwig von Württemberg und der Bau der Jesuitenkirche in München übertragen wurden. Er musste aber vorher in Italien in jedem Betrachte universelle Studien gemacht haben, die ihn als Maler, Bildhauer und Architekten auch nach Rom führten, wie sein 1591 und 1594 erschienenes, freilich grossentheils barock ausschweifendes Werk *) ebenso, wie die Michaelskirche zeigen. Merkwürdig ist allerdings, dass jene radirten Bl tter mit dem genannten Geb ude in keinem deutlichen Zusammenh nge erscheinen; als ein glücklicher Umstand aber dürfte es zu bezeichnen sein, dass der Architekt in der Praxis entschieden besser war, wie in seiner publicirten Theorie.


*) „Architektura und AustlieUung der fünf Seuln“ und „Architektura von Portalen und Thürgerichten mancherlei Arten“.

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