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Bautechnischer Führer durch München 1876

II. Epoche der Renaissance.

Der Roeoeostvl erhielt sieh auch noch in der Rogierungszeit Max Joseph III. (1745 —1777), wenn auch jetzt mit gelegentlicher Heranziehung der Krnüohtorung des nordischen Zopfstyles, wie vorher der italienische Karockstyl mit seinem trunkenen Architoktur- reichthum sieh wiederholt neben das Rococo gedr ngt hatte. In Hofanlagen und Palastdeeoration herrschte noch der alte profuse Luxus, wie diess das reizende Opernhaus dieses Ohurfiirsten, jetzt Rcsidonztheater, 1752- 1760 nach den Pl nen dos fter genannten Gouvillier gebaut, zeigt. Leider ist das Theater nach siebzigj hrigem Gebrauche bei der Anlage des K nigsbaues 1831 ohne Noth sehr verstümmelt worden, so dass bei dessen Wiederherstellung 1857 vieles und zwar nicht ganz glücklich neu hinzugefiigt werden musste. Immerhin aber biotet das Theater die seltene Gelegenheit, eine Vorstellung derartiger Bauten aus der Bliithczoit des Rococo zu gewinnen, und spielt daher eine kunstgeschichtlich kaum minder wichtige Rolle, wie die in ihrer Art genial ausgcstatteto Amalienburg. Anders waren die Bedingungen prosaischen Zweckbaues, wie des Milit rlazareths an der Müllerstrasse (1773- 1777 gebaut und noch unver ndert erhalten), des Klosters und der Kirche der bannherzigen Brüder an der Sendlingerlandstrasse und wie des sich daran auschliessendon Krankenhauses, das unter Karl Theodor (nach den Pl nen von N. v. Schede!) zum Allgemeinen Krankenhause erweitert wurde und unter K nig Max durch C. Fischer seine gegenw rtige Facade im schweren Classicismus der Weinbrennor’schon Epoche erhielt. Hier und in anderen Nutzbauten trat selbstverst ndlich das kostspielige und dem Zweck widerstrebende Rococo zurück und machte sich die langweilige Oode des Zopfs, manchmal auch v llig stylloso Leere geltend. — Die. übelste Epoche in der Baugeschichte Münchens stellt die Regierungszeit Carl Theodors dar. Ohne Interesse für München und nur widerstrebend daselbst residirend, w hrend sein Herz der Pfalz geh rte, ja selbst wiederholt im Begriff, Bayern tauschweise an Oesterreich abzutreten, leistete er für die Hauptstadt wenig mehr, als dass er z gernd einwilligte, den unhaltbar gewordenen Festungscharakter der Stadt aufzul seu, welche Einwilligung er übrigens bald wieder zurückzog. Die Stadterweiterung beschr nkte sich daher unter seiner Regierung auf die Anlage dos sog. Karlsplatz-Rondells, wobei dann auch das Neuhauserthor einige unbedeutende Um nderungen und dazu den Namen Karlsthor erhielt, ln baulicher Hinsicht ganz unbedeutend war auch der Galleriebau, welchen der Churfürst 1779 an und auf die früher erw hnten n rdlichen Arkaden des Hofgartens setzte, indem man sich begnügte, die v llig kahlen Aussen w nde mit Grisaillemalereien zu beleben (deren -allmüliges Verschwinden Niemand bedauert), das Innere aber lediglich als Kunstscheune zu behandeln. Unweit davon errichtete er die Stück- giesserei, jetzt ein Theil des Kriegsministcriums in der Sch nfeld-

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