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Bautechnischer Führer durch München 1876

III. Die Neuzeit.

zu wollen scheint, wie die Campo santo’s Italiens. — Dem deutschen Mittelalter dagegen war der Styl eines Palastbaues entnommen, welcher an der Stelle dos nunmehrigen Torringpitlais als Kronprinzen- P lais dienen, und mit welchem der romantischen Neigung des nachmaligen K nigs Max II. Rechnung getragen werden sollte, nemlich das gothische Wittelsbacher-Palais 1843 — 1848 von F. v. G rtner erbaut und nach dessen Tode von K. Klumpp vollendet. Auch hier konnte die Beiziehung italienischer Motive nicht umgangen werden, und der Arkadenhof mit Loggien nach Art der C d’oro in Venedig ist sogar als das Beste des Ganzen zu bezeichnen. Dem Aeusseren schadet die für einen gothischen Bau immer ungünstige Einreihung in ein modernes Strassennetz und der Mangel einer mehr malerischen als streng symmetrischen Anordnung, wohl auch die Ausführung in Verputz. Im Inneren finden sich in der Treppe u. s. w. manche sch ne Motive; leider sind die Corridore um den Hof zu eng, um stattlich wirken zu k nnen. Der künstlerische Erfolg damit bestimmte aber den K nig, nunmehr für München dem romantischen Styl, der überdiess mit Gartner’s Tod seinen Hauptvertreter verloren hatte, den Rücken zu kehren. Ohne Zweifel würde auch die Neue Pinakothek, 1846—1853 von A. v. Voit gebaut, wenn nicht schon im Werke, einige Jahre sp ter in anderer Bauweise aufgeführt worden sein, da sich das gestellte Programm in Renaissanceformen unbedingt leichter h tte l sen lassen, als es mit romanischen Motiven m glich war. — Ein Lieblingswerk des K nigs w hrend seiner letzten Regierungszeit war ihm aber die bayerische Ruhmeshalle mit der colossalen Bavaria an der The- resienwiese bei München, womit er dem engeren Vaterlande eine hnliche Verherrlichung bereiten wollte, wie er sie dem weiteren durch die Walhalla bei Regensburg und die gleichzeitig im Bau begriffene Befreiuugshalle hei Kelheim geschaffen hatte. Die dorische Halle, 1843—1853 gebaut, geh rt zu den besten Werken Klenze’s; die Bavaria aber geniesst und verdient.den Ruhm einer Art von Weltwunder wenigstens in technischer Beziehung. Ohne wiederholte Anfeuerung von Seite des k. Bestellers wAre auch das Werk, an dessen Gelingen die Giesser fast verzweifelten, vielleicht unausgeführt geblieben. — Die letztgenannten Arbeiten überdauerten die M rzkatastrophe 1848 und die Abdication des K nigs. Doch war damit dessen monumentale Th tigkeit, wie sie ihm Herzensbedürfniss war, noch keineswegs abgeschlossen. W hrend der Bau der Ruhmeshalle seiner Vollendung entgegenging, war vielmehr ein neues Monumentalwerk classischen Styles geplant worden, bei welchem indess Klenze der Vorliebe des K nigs für m glichst unver nderte Wiedergabe seines Vorbildes gegenüber doch viele, wenn auch nicht durchweg glückliche Originalit t behauptete, die sog. Propyl en. Es sollte damit das Wort des K nigs noch um einen Grad mehr zur Wahrheit werden, welches er schon

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