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München in guter alter Zeit

Vierzehntes Kapitel - Geistiges Leben

die er auf der UIniversität zu Ingolstadt, Wien, Leipzig oder Prag oder während eines mehr oder minder kurzen Aufenthaltes im Auslande hatte sammeln können.

Indeß wissen wir, daß schonim Jahre 1407 Niklas von Goedlitz zu St. Peter in München berufen ward  „daß er die Buben lehre.“ Mädchen gingen damals noch nicht zur Schule. Der Schulmeister bekam viermal im Jahr von jedem Schüler 12 Pfennige und verfügte der Rath in Bezug darauf:  „Dies soll der Maister mit seinem Boten vorderen von dem Vater, und wer es im in 8 Tagen nit gibt, des Khind mag er pfänden in der schul umb sein lon.“

Erst nach der Reformation wurde es einigermassen besser. Die Oberaufsicht über die unteren oder sogenannen gymnastischen Schulen und das gesammte Unterrichtswesen übte der Rath. Aber schon vorher hatte Herzog Albrecht V.  seine Augenmerk auf diese hochwichtige Angelgenheit gerichtet und es war wohl seiner Anregung zu verdanken, wenn der Rath der Satdt  im Jahre 1560 einen neunen Schulplan ausarbeiten ließ. Er war das Werk des Poeten — so hießen damals die Schullehrer —  Gabriel Kastner, nach der Uebung der Zeit in latainischer Srache verfaßt und hatte zunächst den Unterricht in der lateinischen Sprache im Auge. Die Muttersprache kam nur ausnahmsweise in Betracht; auch durfte in der Schule nur lateinisch gesprochen werden.

Der Rath nahm Kastners Plan an und übertrug ihm die Ausführung. Und so groß war der Zudrang zu seiner Anstalt, daß erschon im nächsten Jahre ein Promemoria einreichte, in welchem er nachwies, daß es ihm unmöglich sei, mit seinem Jahresgehalte von 80 Gulden (137 M 14) zu leben und den Hauszins und einem Collaborator zu bezahlen, weshalb er bitte, ihm die Entrichtung des Hauszinses nachzulassen.

Nachdem 1560 für den Lateinunterricht gesorgt worden, erinnert sich der Rath auch der Nothendigkeit der Regelung der deutschen Schulen und erließ am 28. August 1564 eine „Schulmaisterordnung für die deutschen Schulen.“ Der Unterricht umfasste Lesen, Schreiben und Rechnen, ausnahmsweise auch die „welsch praktica.“ Für Lesen und Schreiben waren alleQuatember 105 Kreuzer (43) zu bezahlen; kam dazu noch der Unterricht im Rechnen, so betrug das Schulgeld 30 Kreuzer (86) und erstreckte sich derselbe außerdem auch noch auf die „welsch praktica“, so war alle Quatember 1 Gulden (1 M 71) zu entrichten. Ferner durfte der „Schulmaister“ altem Herkommen gemäß für das zu Ostern, Pfingsten, Weihnachten, zur Faßnacht und Jakobidult übliche „Ausstreichen“ von jedem Kind jedesmal einen Pfenning „ausstreich gellt, thuet das Jahr fünf pfennig“ nehmen. Zugaleich ward „ain pöser prauch“ abgeschafft. Die Schulmeister gaben nemlich den Kindern „umb gellt und gegen anderer Liebung“ Zeichen, die man „pacem“ hieß und ließen dem Kind  das „Correction oder straff“ verdient hatte, diese auf Vorzeichen des Zeichens nach. Ferner war es den Schulmeistern untersagt, die Eltern zu bereden, sie möchten die Kinder neben Lesern und Schreiben auch noch Rechnen lernen lassen, auf daß sie „desto mer Quottember gelts vordern mugen.“ Schließlich durften die Schulmeister von jedem Schulkind, das die zwei Winter-Quatember in die Schule ging, zwei Kreuzer (6) für Beheizung und einer Unschlittkerze fordern.

Das war der Stand des öffentlichen Unterrichtswesens in München, als Herzog Albrecht V. im Jahre 1559 die Jesuiten dahin berief und ihnen sechs Schulzimmer bauen ließ. Nach kurzer Frist waren der „Poet“ Kastner und sein Collaborator verdrängt und die Jesuiten im Alleinbesitze des höheren Unterrichts. So blieb es über zweihundert Jahre.

Da erschien am 3. September 1170 ein landesherrliches Generalmandat über die Verbesserung der Stadt-und Landschulen, und Heinrich Braun, der kurz vorher einen „Plan der neuen Schuleinrichtung in Bayern, nebst einem Unterricht für Schullehrer ec.“ im DRuck herausgegegben hatte, ward bevollmächtigt, die im Generalmandat vorgeschriebenen Reformen durchzuführen. Die Hauptschule zu U. L. Frauen ward zu einer Normal- und Musterschule erhoben, viele Kinder bekamen die Schulbücher unentgeltlich, die Schullehrer höhere Besoldung und im Jahre 1772 wurden öffentliche Prüfungen eingeführt, desgleichen feierliche Preisvertheilungen im großen Rathhaussaale.

Zehn Jahre später zählte München außer den beiden Normalschulen: der Stiftschule zu U. L. Frau und der St. Peterpfarrschule, noch 11 andere Trivalschulen — so hießen nemlich

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