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Münchener Stadtbuch

XXIV. Die Frauenkirche

1468-1488

Gepurt tausend vierhundert und drei dem neunzigsten Jahr, tetragrammaton."

Ein Jahrhundert war unsere Frauenkirche gestanden, als mit Anfang des siebzehnten Jahrhundertes eine allgemeine Sucht um sich griff, die alten gothischen Dome im Sinne der Renaissanee zu „verschönern", und ihre ganze frühere Herrlichkeit zu zerstören. So erging es in München nicht nur mit der alten gothischen von Ludwig dem Strengen im Jahre 1291 erbauten Augustinerkirche, der alten gothischen St. Peters-Pfarrkirche und der in den Jahren 1480—1485 erbauten Kreuzkirche; auch unsere Frauenkirche erlitt gleiche Unbilden. Zuerst geschah im Jahre 1601 die erste Ausweißung der ganzen Kirche, welche vom 15. April bis 16. Oktober dauerte, wodurch alle Freskogemälde übertüncht wurden. Jm Jahre 1604 wurde das alte gothische Kirchengestühl mit seinen lieblichen Ornamenten fortgeschafft und durch ein neues unförmliches ersetzt. Jm Jahre 1605 wurde in der Mitte der Kirche ein kolossaler Rundbogen, gegossen in einem Tage aus Gyps, im römischen Style errichtet, um angeblich der ungeheuer langen Kirche die Einförmigkeit zu benehmen! Auf diesen Bogen wurde eine hölzerne Kuppel mit einer ein Crucifix enthaltenden Laterne aufgesetzt, und der Bogen selbst ausgeschmückt mit mittelmäßigen Fresken von Peter Candid. — Jm Jahre 1609 wurden sämmtliche alte gothischen Altäre herausgerissen und zertrümmert, und dafür ganz neue höchst geschmacklose und zopfige Altäre im Style der Renaissanee errichtet. Dieses traurige Schicksal traf leider auch das

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