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Münchener Stadtbuch

XXIV. Die Frauenkirche

1468-1488

herrliche Tafelwerk des Gabriel Angler, welches wahrscheinlich gänzlich zertrümmert, spurlos verschwand. Statt dessen ward ein prunkender Hochaltar, 90½ Fuß hoch und 30 breit, nach dem Entwurfe des Hofmalers Peter Candid erbaut, mit reicher Vergoldung, zwei den Aufsatz tragenden Säulen korinthischer Ordnung, und dem von Peter Candid selbst gemalten großen Bilde der Himmelfahrt Mariä. Sogar das einfache Grabmal des Kaisers Ludwig sagte dem modernen Geschmacke nicht mehr zu; im Jahre 1622 wurde über dem alten Grabstein ein schwerfälliger, plumper, im römischen Renaissaneestyl gehaltener Bau von schwarzem Marmor geführt, geschmückt mit halbnackten allegorischen Figuren und heidnischen Emblemen, der die schöne gothische Kirche im höchsten Grade verunstaltet. Hiemit schloß aber glücklicherweise die begonnene „Verschönerung" der Frauenkirche. Wahrscheinlich verhinderte nur die große Höhe der Kirche, daß nicht, wie solches in andern Kirchen geschah, die Gewölberippen ausgeschlagen, die Spitzbögen des Gewölbes und der Fenster zu Rundbögen ausgemauert und mit Stukkatorarbeit von Gypsschnörkeln ausgestattet wurden!

In diesem Zustande blieb die Frauenkirche bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhundertes, wo ein neuer Verschönerungsschwindel hereinbrach. Jm Jahre 1772 mußten die alten würdigen Kirchthüren den noch gegenwärtig prangenden ganz geschmacklosen Zopfthüren weichen, die der Münchener Bildhauer Jgnaz Günther um hohen Preis verfertigte; die Kirche wurde wiederholt ausgeweißt, im Jahre 1774 wurden die herrlichen Holzschnitzereien des Chorgestühles mit Oelfarbe überschmiert. Ja die alten

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