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Münchener Stadtbuch

XXXVIII. München im spanischen Erbfolge-Kriege

Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.

wieder verlassen hatten, erhoben sich einige Leichtverwundete, die seit Mittag unter den Todten gelegen, vom grauenvollen Leichenfelde, flohen auf abgelegenen Pfaden weiter und brachten die Schreckensbotschaft nach Hauses Ein junger Bauernknecht von Sendling, Namens Polal, hatte sich in einem Häuschen beim Angerbauernhofe in einen Schornstein geflüchtet und hielt sich in demselben drei Tage und drei Nächte lang verborgen. Dieser und ein Anderer, Georg Hechensteiner von Tegernsee, der obgleich durch einen Bayonnetstich in die Seite und einen Säbelhieb schwer am Kopfe verwundet, geheilt wurde und ein hundertjähriges Alter erreichte, erzählten noch als Greise ihren mit Schaudern horchenden Enkeln und Urenkeln von der Sendlinger Mordweihnachten.

Die Sage spricht von einem riesenhaften Manne, dem Schmid Balthasar Maier von Kochel, gewöhnlich der Schmidbalthes genannt, welcher mit seiner ungeheuren Keule Wunder der Tapferkeit gethan, eine Menge der Feinde erschlagen habe, und endlich als der Letzte unter seinen Mitbrüdern gefallen sein soll. Allein kein Zeitgenosse, kein älterer Geschichtschreiber erwähnt seiner, erst im gegenwärtigen Jahrhunderte taucht sein Name und ! sein Kampf zuerst in Gedichten auf. Deshalb ordnete ier verstorbene König Maximilian II. genaue Erhebungen an; aber die sorgfältigste Untersuchung der pfarramtlichen, Tauf-, Trauungs- und Sterberegister und der Akten des Landgerichtes, Rentamtes und der Gemeindeverwaltung in Kochel zeigten von der Existenz dieses Mannes keine Spur. Es ist daher Schade, daß diese hochromantische Heldengestalt lediglich in das Reich der Sage verwiesen werden muß.

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