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Münchener Stadtbuch

XXXVIII. München im spanischen Erbfolge-Kriege

Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.

dem Kurfürsten Max Emanuel und seiner unglücklichen Familie zu nehmen. Ohne Zustimmung des Reiches, nur im Einverständnisse mit den übrigen Kurfürsten, erklärte er den Kurfürsten Mar Emanuel und dessen Bruder, den Kurfürsten von Köln, in die Reichs acht. Durch kaiserliche Herolde wurde zu München am 10. Mai 1706 die Achtserklärung öffentlich ausgerufen, und darin Max Emanuel aller seiner Ehren und Würden, Lande und Leute auf ewige Zeiten verlustig erklärt, er von deutscher Erde verbannt, und Jedermann frei gegeben, ihn ungestraft zu ermorden! Dann befahl der Kaiser, die vier älteren Söhne Max Emanuels Karl Albrecht, Kurprinz, Philipp Moriz, Ferdinand Maria und den fünfjährigen Clemens August nach Oesterreich zu führen. Die jüngern, deren einer erst vor wenigen Monaten gestorben war, wurden in München gelassen und der ehemaligen Oberhofmeifterin von Weichs mit vier Bedienten in die Kost gegeben, und die einzige Tochter des Kurfürsten, Mariane Karolina, zehn Jahre alt, ins Angerkloster gesperrt. In Klagenfurt in Kärnthen lebten nun fortan die ältern Prinzen. Sie wurden mit großer Härte nicht als Fürsten, sondern als Gefangene unter dem Namen Grafen von Wittelsbach behandelt. , Niemand durfte ohne besondere Erlaubniß ihnen nahen, noch viel weniger sie ohne Zeugen sprechen; jeder Briefwechsel mit ihren Aeltern war ihnen untersagt, ja selbst der Name der Letzteren durfte nie vor ihnen ausgesprochen werden. So lebten sie Jahre lang.

Bayern aber schmachtete zehn Jahre lang unter österreichischem Joche. Die Leiden waren groß, die Steuern

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