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Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.
von Preising übernahm bis zur Zurückkunft des Kurfürsten die Führung der Geschäfte.
Am 8. April 1715 früh Morgens lehnte in einem der hohen Bogenfenster des alten Schlosses Lichtenberg am Lech ein stattlicher Herr in Reisekleidern, der erst in der verfloßenen Nacht von St. Cloud hier angekommen war. Finster und in Gedanken versunken starrte er hinab in die unabsehbare Ebene, welche sich aufwärts von Augsburg zehn Stunden lang ausbreitet und das Lechfeld genannt wird, in jene denkwürdige Ebene, auf welcher am 10. August 955 der deutsche König Otto I. und der Bischof Udalrich von Augsburg das ungeheuere Heer der wilden Ungarn aufs Haupt geschlagen hatte. Welche Gedanken mochten im Geiste dieses Herrn in diesem Augenblicke vorübers schweben! Es war vor zwölf Jahren, daß in eben diesem Schlosse der Ueberfall von Ulm, des Krieges und des Unglückes Anfang, angeordnet wurde!
Da ertönten plötzlich die Trompeten, und ein Page riß die Flügelthüren auf, indem er fröhlich in den Saal hineinrief: „So eben fahren Jhro Durchlaucht die Frau Kurfürstin im Schloßhof auf."
Hastig stürzte der Herr — es war Max Emanuel — aus dem Gemache seiner Gemahlin entgegen, und laut aufschreiend und unter Weinen sanken beide Gatten einander in die Arme.
Stunden verfloßen, welche im wehmüthigen Austausche der Erlebnisse während der langen Trennung verflogen.