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Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.
Da schmetterten wiederholt Trompeten vom Thurme des Schloßes Lichtenberg.
„Himmlischer Vater, meine Kinder, meine Kinder!" schrie die Kurfürstin Kunigunde laut auf, und nach wenigen Augenblicken drückte sie ihre Kinder an ihre mütterliche Brust. Es war ein schmerz- und freudenreiches Wiedersehen; kaum noch erkannten die Kinder ihre Aeltern, die Aeltern ihre Kinder; zwei der letzteren waren seitdem ins Grab gesunken.
Der freudigen Ueberraschungen dieses Tages war noch kein Ende. Nach aufgehobener Tafel nahte eine aus München abgesendete Deputation, bestehend aus den vornehmsten Beamten und den angesehensten Bürgern der Hauptstadt, um den zurückgekehrten Fürsten an der Grenze seines Landes zu bewillkommen. Es befanden sich unter den abgesandten Bürgern Männer, deren Namen noch in ihren jetzigen Nachkommen fortleben: ein Lunglmair, Radlloser, Seidl, Mittermair u. a. m. Noch größer aber wurde die Ueberraschung und das Erstaunen des Kurfürsten, als ihm die Deputation eine Kiste darreichte, in welcher der kostbare Schatz des bayerischen Hauses sich vollständig befand.
Dieser Schatz war in der Residenz zurückgeblieben, und nach der Besetzung der Hauptstadt durch die Kaiserlichen vom Kurfürsten langst schon verloren gegeben; doch treue Bürger und Diener hatten ihn gerettet. Lange war die Kiste im Kloster der Augustiner versteckt, dann bald in diesem bald in jenem sichern Bürgerhaufe verborgen gewesen. Ein Beweis bayerischer Treue und des hochherzigen Sinnes der Münchener Bürger ist es, daß ein Geheimniß, in dessen Besitze so viele waren, in der Zeiten