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Münchener Stadtbuch

XLIII. Die eingekerkerte Nonne im Kloster am Anger.

1742.

Verdacht, und der Superior des Klosters schrieb an den Ortspfarrer, er möge vom Wundarzte Baumann sich das Bild geben lassen und es öffnen. Letzterer, nichts Arges vermuthend, gestattete das Verlangen des Pfarrers, dieser öffnet die Tafel und fand den Brief. Unter einem schicklichen Vorwande nahm er den Brief und schickte denselben dem Klosterbeichtvater zu.

Magdalena wurde nun zu strenger Verantwortung gezogen, und sie bekannte, diesen Brief im Gefühle ihres Schmerzes niedergeschrieben zu haben. Auf der Stelle mußte sie sich hinsetzen und einen Brief an ihre Aeltern schreiben, den ihr der Beichtvater Pater Olympius diktirte, in welchem sie alle im vorigen Briefe dargelegten Beschwerden als unwahr widerrief, als lieblose Verläumdungen erklärte, und ihre volle Zufriedenheit mit dem Klosterleben aussprach. Sodann erfolgte ihre Bestrafung. In Gegenwart der Aebtissin, der Priorin und dreier Klosterfrauen erhielt sie von einer Laienschwester 39 Ruthenstreiche auf den bloßen Leib, und wurde dann vier Wochen lang, jeden andern Tag bei Wasser und Brod, in einen kleinen sinstern Kerker eingesperrt.

Während der Erstehung dieser Strafe starb die Aebtissin, und es wurde nach Anleitung des Beichtvaters eine neue gewählt. Allein diese Aenderung verbesserte das Schicksal der armen Magdalena nicht, vielmehr verfuhr die neue Aebtissin, durch den rachefüchtigen Beichtvater aufgehetzt, nur noch strenger gegen sie. Wegen jedes kleinen, unbedeutenden und noch so sehr entschuldbaren Versehens erhielt sie nun fortwährend Strafen; — weil einmal der Kalbsbraten etwas angebrannt war, wurde sie auf einen

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