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Münchener Stadtbuch

XLIII. Die eingekerkerte Nonne im Kloster am Anger.

1742.

Der ganze Konvent gerieth hierüber in Schrecken; die Aebtissin gab nach. Die unglückliche Magdalena wurde nun zu lebenslänglicher Einkerkerung verurtheilt.

Als sie dahin abgeführt werden sollte, widersetzte sie sich mit aller Gewalt, sich auf den Ausspruch des Bischofes berufend, und da auch die Nonnen sie nicht zu bandigen vermochten, wurde ein eben zufällig im Klostergarten anwesender Franziskanerbruder herbei gerufen, und sie endlich mit dessen Beihilfe in den Kerker geschleppt.

Ohne Hoffnung auf Befreiung oder auch nur auf Linderung ihrer Lage, schmachtete sie nun in dem Kerker, einem kleinen, finstern Loche, dessen ganzer Inhalt nur aus etwas Stroh zu ihrer Liegerstätte auf dem Erdboden bestand.

Nach einiger Zeit fand sie in ihrem Kerker einen eisernen Bretternagel. Dieser gab ihr den Gedanken zu einem neuen Fluchtversuche ein. Im Kerker befand sich nämlich ein einziges kleines, mit einem eisernen Gitter versehenes Fensterchen. Sie versuchte nun mit dem gefundenen Bretternagel das Mauerwerk um das Fenster zu lockern und sodann letzteres auszuheben. Drei Monate arbeitete die Unglückliche daran, ohne daß ihre Arbeit entdeckt wurde; endlich war das Fensterchen los gemacht, und sie entschlüpfte in einer Nacht aus demselben. Allein aus dem Kloster zu entfliehen, gelang ihr nicht, obwohl sie überall einen Ausweg suchte. Sie versteckte sich endlich im oberen Chore der Kirche, wo sie am folgenden Morgen von den Nonnen, die über ihre entdeckte Flucht bestürzt waren, aufgefunden wurde.

Bis ihr voriger Kerker wieder hergestellt und das

 

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