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Münchener Stadtbuch

XLVIII. Die Beterin an der Mariensäule.

die Mutter kam noch immer nicht! Da überkam den armen Knaben Angst und Furcht; laut weinend lief er nach der
Nymphenburgerstraße, wo seine Mutter und er wohnten. Er klopft an die Thüre der Wohnung, er läutet an der Thürglocke, er ruft und schreit, — vergebens, — keine Mutter kömmt ihm die Thüre zu öffnen. Endlich faßt der arme Junge den Entschluß, wieder in die Stadt zu eilen, um bei Bekannten Stillung seines Hungers und Unterkunft zu finden. Unterwegs fährt ihm ein Postwagen aus der Stadt entgegen. Der Postillon blies eben ein fröhliches Lied. Da kommt dem Knaben der plötzliche Gedanke: „Der fährt den Soldaten und meinem Vater nach!" Rasch schwingt er sich hinten auf den Wagen, fetzt sich in den Gepäckkorb und wickelt sich in eine darin befindliche Strohmatte; — so fuhr er fort.

Am folgenden Morgen langte der Postwagen auf einer entfernten Station an. Der Knabe erwachte aus seinem tiefen Schlafe. Verwundert erblicken der Posthalter und seine Leute den blinden Passagier, der unaufhörlich fragt, wo sein Vater sei? Theilnehmend erkundigen sich die Posthalterseheleute um ihn; er erzählt mit kindlichen Worten, wie es ihm ergangen. Er weiß, daß sein Vater Offizier ist, aber dessen Namen kennt er nicht; er weiß, daß seine Mutter Blumen und Kränze mache und verkaufe, aber er kann sie nicht näher bezeichnen; er erzählt von seinen früheren Pflegeältern, aber er weiß weder den Namen derselben, noch des Dorfes, worin sie wohnen. Die Posthalterseheleute mochten wohl wähnen, daß das arme Kind von seiner leichtfertigen Mutter verlassen worden

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