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Münchener Stadtbuch

LI. Das Bier, der Bock, das Hofbräuhaus.

des braunen Hofbräuhausbieres im Verlaufe der Zeit nicht mehr ausreichte, und anderseits der Genuß des weißen Bieres sich namhaft verringerte, so wurde schon im Jahre 1708 die Brauerei des braunen Bieres theilweise in das nunmehrige, damals nur zum Brauen des weißen Bieres bestimmte Hofbräuhaus verlegt; — im Jähre 1807 aber wurde es gänzlich für das braune Bier bestimmt,' und seitdem besteht das Hofbräuhaus in seiner gegenwärtigen Verfassung und Einrichtung. Die Bierschenklokalitäten darin wurden erst im Jahre 1828 in ihrem jetzigen Zustand hergestellt, indem dazu die früheren Lokalitäten des Hofbräuamtes verwendet wurden.

Der Fremde aber, welcher etwa erwartet, in diesem Hofbräuhause, — dessen Namen entsprechend, — großartige, schöne, reinliche und elegante Lokalitäten und vor Allem gehörige Bedienung der Gäste zu finden, möchte sich sehr getäuscht sehen! Enge, niedere, sinstere Räume sind es, in die wir eintreten; ein höchst widerlicher Geruch von verschüttetem Biere, von Rettigen und der Qualm vom schlechtesten Taback überfällt uns überall, — wohin wir blicken, die größte Unreinlichkeit. Der Gast ist genöthigt, sich einen Krug selbst zu suchen, denselben am Brunnen zu spülen, und das Bier sich selbst an der Schenke zu holen! Aber der „Stoff", — wie man in München scherzweise das Bier nennt, — ist gut, oft ausgezeichnet, und so haben sich die Bierliebhaber par excellence und die alten Stammgäste längst darein gefunden, sich an alle Unzukömmlichkeiten gewöhnt; es ist dadurch eine eigene Spezies der Münchener Einwohner entstanden, „Hofbräuhäusler" genannt, und hat sich auf diese Weise in diesen Räumen ein tüchtiges Stück absonderlichen und naturwüchsigen Münchener Volkslebens gebildet.

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