Alte Bücher

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Münchener Stadtbuch

LI. Das Bier, der Bock, das Hofbräuhaus.

Wagenremisegebäude des alten Hofes ausgeschenkt. Weil aber dieser Platz als ungeeignet sich zeigte und mancherlei Unzukömmlichkeiten hatte, so wurde der Gährkeller des ehemaligen Hofbräuhauses, in einem Seitenflügel des alten HofgebSudes gegen den Psisterbach zu, als Ausschanklokal ausgemittelt. Viele der ältern Einwohner und Bockliebhaber werden sich dieses alten Bockkellers, einer großen, aber ziemlich düsteren gewölbten Halle, noch wohl erinnern. Als aber dieser Flügel niedergerissen und an seine Stelle das Gebäude der Steuer-Kataster-Kommission hingebaut wurde, ward der Bockkeller an seinen gegenwärtigen Platz im alten ehemaligen Münzgebäude am Münzgäßchen hin, verlegt.

Der Ausschank des Bockes begann ursprünglich immer erst am Fronleichnamstage, vom Jahre 1793 an aber abwechslungsweise am Christi Himmelfahrtstag oder am Pfingstsonntag. In gegenwärtiger Zeit beginnt die „Bocksaison" stets am 1. Mai, wodurch dieses beliebte Münchener Getränk auch noch den Glauben und Ruf als „Maikur" erhielt, und als solche von vielen wirklichen oder eingebildeten Kranken benützt wird.

Mit dieser Bocksaison beginnt ein eigenthümliches Leben und Treiben in der guten Stadt München.

Schon mehrere Wochen vorher, im April, ertönt aus den sonst das ganze Jahr hindurch geschlossenen, öden und stillen Räumen des Bockkellers ein unheimlicher Geisterspuck; man vernimmt aus ihnen ein geheimnißvolles Rascheln, ein auf- und abgehen, ein klopfen und hämmern, ein wischen und waschen. Sind es die Geister des Bockes, die das nahe Erscheinen desselben verkünden? Aber —

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