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Beschreibung: 324. Kazmaierstraße. Führt an der nördlichen Mauer der
ehemaligen Schießstätte entlang und verbindet die Theresienhöhe mit
der Ganghoferstraße Zur Erinnerung an Jörg Kazmair, (Pilotybild 87) *), welcher 1397 in einer schweren Zeit Bürgermeister der Stadt München war, da die Bürgerschaft in zwei Parteien gespalten
war, die sich grimmig haßten (1397—1403). Die Veranlassung
war folgende: Die vornehmeren Familien der Stadt, die sogenannten
Patrizier, hatten sich wie in den übrigen Städten des Mittelalters
allmählich der ausschließlichen Leitung und Verwaltung der Stadt
bemächtigt, ohne über die Verausgabung der Gelder den übrigen
steuerzahlenden Bürgern Rechenschaft abzulegen. Letztere, im Laufe
der Zeit an Zahl und Besitz bedeutend geworden, wollten nun ebenfalls am Stadtreginiente Anteil bekommen, und gerieten deshalb mit
den bisherigen Gewalthabern in Streit. Die Uneinigkeit unter den
Bürgern wurde noch vermehrt durch die Zwistigkeiten der Herzoge
von München und von Ingolstadt, welche sich um den Besitz Münchens
stritten, und von denen jeder unter der Bürgerschaft daselbst sich Anhänger zu erwerben suchte. Die vornehmeren Bürger oder Patrizier
hielten zu den Herzogen Ernst und Wilhelm von München, die niederen
Bürger zu den Herzogen Stephan und dessen Sohn Ludwig dem
Gebaxteten von Ingolstadt. So kam es 1397 zu Unruhen, die bald
in einen völligen Ausstand der niederen Bürger gegen die Ratsherrn
ausarteten.**) Viele der Letzteren wurden gewaltsam aus der Stadt
vertrieben, ihr Vermögen eingezogen. Bürgermeister Kazmair, ein
ruhiger besonnener Mann, suchte zu vermitteln und zu versöhnen,
mußte aber zuletzt selbst aus der Stadt fliehen. Vom 3. Aug. 1398
bis Mai 1403 mied Kazmair die Hauptstadt und wartete in Tölz
den Verlauf der Ereignisse ab. Nach seiner Rückkehr versah er neben
seinem Geschäfte als Kaufmann sofort wieder bürgerliche Aemter und
Ehrenstellen und schrieb die »Geschichte Münchens unter der Vier-
herzog-Regierung 1397—1403,« die handschriftlich in der K. Staats-
bibliothek aufbewahrt und eine vorzügliche Geschichtsquelle jener ver-
worrenen Zeitbegebenheiten ist. Jörg starb am 18. Hornung 1407, ***)
sein Sohn Martin war im inneren Rate der Stadt von 1447—79,
wurde 1480 seines hohen Alters wegen nur mehr in den äußeren
Rat als dessen Senior gewählt und starb 1481. Er machte im
Jahre 1476 eine Seelhausstiftung, die durch Beschluß des Magistrats
vom 31. Mai 1825 und der Gemeindebevollmächtigten vom 30. Juni
desselben Jahres aufgehoben und kurz hierauf am 4. Oktober mit
dem Heiliggeist-Spitale vereinigt wurde. Das bis dahin angewachsene
Vermögen betrug 88 551 Gulden ****) O Das Seelhaus in der Fingergasse (jetzt Maffeistraße Nr. 18) verkaufte man 1827 an den Lokalschulfond um 11000 Gulden. Das Geschlecht der Kazmair kommt
von 1318 an durch das 14. und 15. Jahrhundert als eines der
bedeutendsten und reichsten Münchens vor und hatte das Familienbegräbnis in der ehemaligen St. Michaelskapelle (s. Frauenplatz), das
nach Abbruch derselben 1486 in die Frauenkirche auf den vorletzten
Altar der Epistelseite übertragen wurde. Das nordwestliche Eckhaus
des ehemaligen .,Schleckergäßchens« (s. Rindermarkt) war einst im
Besitze der Patrizierfamilie Kazmair und wurde deshalb längere Zeit
»Katzeneck« genannt. In der Kirche der Elisabethinerinnen in der
Mathildenftraße befindet sich linker Hand beim Eingange ein großer
«Grabstein in der Mauer, der vordem das Grab der Münchener
Patrizierfamilie der Katzmair schmückte und von dem es unerklärlich
ist, wie er hieher kam. Der erste Blick schon läßt erkennen, daß er
Uksprünglich einen anderen Platz gehabt und erst später hieher
übertragen wurde. Derselbe ist ans rotem Marmor gemeißelt, wie
man ihn bei Tegernsee bricht, und besteht aus einem älteren Teile,
der nur Schriftzeichen trägt und mehr breit als hoch ist. Unten ist
an ihn ein fast dreimal so hoher gleicher Stein derselben Sorte angefügt. Auf demselben sieht man in Flachrelief zwei Pilaster im
Renaissanestil, welche mit dem darüber gespannten flachen Bogen
eine Art Nische bilden. Die Bogenzwickel zeigen je einen gekrönten
bärtigen Kopf und zierliches Laubwerk. Unter diesen Köpfen befindet
sich zu beiden Seiten je ein Knabe, deren einer ein Steckenpferd führt,
während der andere ein Windrädchen in der Hand trägt. Beide
halten mit der freien Hand die in Quasten auslaufenden Enden einer
Kugelschnur, welche in ihrem mittleren Teile zu einem üppigen Frucht-
gewinde anschwillt. Jn diesem Raume nun hat ein Familienwappen
Platz gefunden, dessen Schild, Helm und Helmdecke im Gegensatz zur
Umrahmung in streng gotischen Stilformen gehalten sind. Schild und
Helmzier zeigen eine nach links schauende Katze. Dem mittleren Steine
ist unten ein dritter angefügt, auf welchem eine jugendliche Frauen-
gestalt, das Haupt auf ein Kissen gebettet, mit gekreuzten Händen
ausgestreckt liegend dargestellt ist. Auch hier läßt sich der Einfluß
der Renaissance unmöglich verkennen und ist die Behandlung der
Formen von echt künstlerischem Geiste durchweht; namentlich erinnert
die des Gewandes, das den Körper nur leicht verhüllt und sich ihm
überall eng anschmiegt, an gute antike Vorbilder.
Der oberste uud zugleich ältere Marmor trägt folgende Inschrift:
Johannes. Katzmaiijr. obt. anno. dm· millesimo. ccclxxxiiij.
an. sand. andres. abend. — A. dmi. mcecciiij. starb. jörg Katz-
mair. des. freytags. nach. dem. weissen. sontang-· —- Anno dm.
m. cecexx. starb. hanns. Katzmair a. sand. gallen. tag. den. gott.
genaedig. wolle. sein. amen.
Auf dem untersten Stein steht unter der jugendlichen Frauen-
gestalt zu lesen:
anno. dm. 1520. des X. tags. octobris. starb. junkfrau Barbara.
niclas. Katzmairs. dochter. hie. begraben. D. g. g.
Und darunter:
Wer bist du — der du bist war ich und der ich bin wirst
du werden.
Die Katzmairstraße führt ihren jetzigen Namen seit 28. Septem-
ber 1877, resp. 1. Januar 1878.
*) Lipowsky, Urgeschichte l, 253.
**) Vgl. Mayer, Münchener Stadtbuch S. 135 ff.
***) Vgl. Geist S. 354. — (Nach anderen am 5. März 1417).
****) Vgl. A. Huhn S. 406.