Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Datum | 10.11.1934 | Signatur | DE-1992-STRA-40-57 |
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Absender | Stadtarchiv München | Empfänger | Referat VII |
Art | Brief | Status | Einwände |
Suchen | Personen |
Stadtarchiv. München, den 10.November 1934.
Durch das Direktorium
zum Referat VII.
Betrifft:
Hirsch-Gereuth-Strasse,
Zum Schreiben vom 25.0kt, 1934.
Aus städtischen Akten sowie aus der Familiengeschichte der Hirsch-Gereuth lässt sich folgendes feststellen:
I.
Clara Bischoffsheim, Bankdtrektorstochter aus Brüssel, geboren am 8.Juni 1833, israelitisch, vermählte sich am 28,Juni 1855 mit Moritz Freihern von Hirsch, königltch belgischem Konsul in München, (Ansässigmachungs- und Verehelichungs-Bewilligung vom 2, Juni 1855).
Zugunsten Münchens, "der Vaterstadt ihres verlebten Gemahls", errichtete Clara Freifrau von Hirsch-Gereuth am 1. März 1897 mit einem Kapital von 1 200 000,- Mark die "Freiherrlich von Hirsch'sche Stiftung " für Wöchnerinnen und Bekonvaleszenten.
In der Plenarsitzung des Stadtmagistrats vom 16, März 1897 sprach Bürgermeister von Borscht den Bank der Stadt aus und betonte, dass diese Stiftung zu den grossartigsten zähle, die je in München errichtet worden seien. Freifrau van Hirsch-Gereuth habe damit das "Andenken ihres in München geborenen Gatten in hervorragendem Masse geehrt "und sich selber" ein bleibendes Denkmal gesetzt". (Münchener Gemeindezeitung, Jahrgang 26, Nr. 22, S. 337 f.).
Freifrau Clara von Hirsch-Gereuth starb am 1. Aprtl 1899 in Paris.
Von der Familie von Hirsch rühren noch swei andere städtische Stiftungen her:
a) die "Josef Freiherr von Hirsch'sche Stiftung" von 1883 bezw. 1886 für arme Kinder. Kapital: 20 000.- Mark.
b) Die unbenannte "Wohltätigkeitsstiftung" der Amelie Bamberger, geborenen Freiin von Hirsch vom 20. April 1911 für weibliche Angehörige des Mittelstands. Kapital: 400 000.- M.
Als "Grosse Wohltäterin der Armen" galt, nach einem Schreiben des Stadträte, auch die am 9.Oktober 1920 zu Planegg verstorbene Mathilde Freifrau von Hirsch, geborene Ladenburg.
II.
Die im Schreiben des Verlags Lehmann vom 18.Juni enthaltenen familiengeschichtlichen Angaben sind nicht in allem zutreffend. Der familiengeschichtliche Zusammenhang ist folgender :
Jakob Hirsch, geboren am 22. September 1765 in Königshofen bei Ochsenfurt, gestorben am 24. Dezember 1840 in München, zuerst Hofbankier und Grosshändler in Würzburg, wurde von König Max Josef mittels Diplom vom 13. August 1818 in den Adelsstand erhoben mit dem Prädikat "auf Gereuth", Die Bezeichnung "Hirsch auf Gereuth" kommt von dem Rittergut Gereuth in Unterfranken, das Jakob Hirsch 1815 käuflich erworben hatte, 1821 siedelte Jakob Hirsch nach München über und versah hier die Geschäfte eines Hofbankiers, Er erwarb 1825 das Rittergut Planegg, wo er auch eine Brauerei errichtete.
Hach dem Tode des Jakob von Hirsch auf Gereuth teilte sieh die Familie in eine Würzburger und in eine Münchener Linie.
Der in München und Planegg wohnhafte Josef von Hirsch auf Gereuth, geboren am 2. Juli 1805 in .. . (Ort unbekannt), gestorben am 9. Dez. 1885 in Planegg, Hofbankier, wurde von König Ludwig II, 1869 samt seinen Nachkommen in den Freiherrnstand erhoben.
Sein zwei ältester Sohn Moritz Freiherr von Hirsch, geboren am 9, September 1831 in München, gestorben am 21, April 1896 zu O'Gyalla, Com. Komom (Ungarn), zuerst Bankier in Brüssel wurde dann belgischer Generalkonsul in München. Dieser Moritz von Hirsch war der Gatte der Freifrau Clara von Hirsch-Gereuth, von der die oben erwähnte grosse Stiftung stammt. Er führte den Bau der Türkischen Eisenbahnen durch und hiess daher im Volksmund der "Türken- Hirsch".
III.
Was die Geschäftsgebarung des "Türken-Hirsch" bei seinen türkischen Wohnbauten betrifft, so fehlt dem Stadtarchiv das Material zur Nachprüfung der in Schreiben des Verlags Lehmann enthaltenen Schilderungen.
Sicher ist aber, dass schon die Ansässigmachung seines Grossvaters Jakob von Hirsch in München (1821) auf heftigen Widerstand des Stadtmagistrats und der Bürgerschaft stiess. Namentlich erhob sieh ein hartnäckiger Kampf gegen die Erwerbung von Planegg und vor allem gegen die Errichtung der dortigen Brauerei.
Auch sein Sohn Josef und sein Nachfolger auf Planegg wurde häufig bekämpft.
Man vermutete hinter den Gross-Geschäften der Hirsch unlautere Spekulationen und war darüber aufgebrachtt dass sie mit ihrem Riesenvermögen sich grosse Landbesitzungen aneigneten. Die Hirsch waren vor allem auch Geldgeber des Bayerischen Staates und erfreuten sich des Schutzes des Hofes. Ihre Stellung in Bayern war eine ähnlichet wie diejenige der Rothschild in Wien.
Dirr